«Pro Bahn» kritisiert Moblitiy Pricing
«Man will Pendlern mehr Geld aus der Tasche ziehen»

«Pro Bahn» ist die Lobbyorganisation der Kunden des öffentlichen Verkehrs. Dort hat Präsident Kurt Schreiber gar keine Freude am vorgeschlagenen «Mobility Pricing».
Publiziert: 01.07.2016 um 19:10 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 02:48 Uhr
Pendler am Abend im Hauptbahnhof Zürich.
Foto: GAETAN BALLY

Herr Schreiber, als «Pro Bahn Schweiz»-Präsident vertreten Sie auch die Interessen der Pendler. Wie stehen Sie zum Mobility-Pricing, das Verkehrsministerin Doris Leuthard gestern vorgeschlagen hat?

Kurt Schreiber ist Präsident der Bahnkunden-Organisation «Pro Bahn».
Foto: LUKAS LEHMANN

«Pro Bahn Schweiz» lehnt diese Idee klar ab. Gerade für Pendler ist sie nicht geeignet. Immerhin müssen die Leute ja zu bestimmten Zeiten am Arbeitsplatz sein. Ein Zuschlag für die Züge in diesen Zeiten macht darum wenig Sinn. Aus meiner Sicht will man ihnen ganz einfach mehr Geld aus der Tasche ziehen.

Gestern hiess es von verschiedenen Experten, dass die Mobilität in der Schweiz zu billig sein?

Frau Leuthard hat sicher Kenntnis davon, dass die Schweiz schon heute die allerhöchsten Preise hat. Nehme ich den Zug von Zürich nach Bernund wieder zurück, kostet mich das heute ja schon fast 100 Franken in der zweiten Klasse. Da sind wir an einem Punkt, an dem ich mir überlegen muss, ob ich aus Kostengründen nicht besser das Auto nehme. Es steht ohnehin in der Garage und eine Tankfüllung kostet aktuell auch nicht viel. Eigentlich sind die Preise doch zu hoch.

Was schlagen Sie vor?

Wenn man die Spitzen brechen will, dann müsste man die Billette für die Züge zwischen 9 und 16 Uhr noch viel stärker verbilligen als es die SBB bisher macht. Ich denke, die Preisnachlässe müssten zwischen 40 und 50 Prozent betragen. Das ist viel besser, als die Pendler zu bestrafen.

Trotzdem sind diese für die Engpässe verantwortlich.

Das stimmt so auch nicht. Verantwortlich sind Industrie und Gewerbe, aber auch die Schulen. Würden die Firmen schon nur die Gleitzeitgrenze auf nach neun Uhr am Morgen verschieben, könnten Tausende später mit der Arbeit beginnen. Denn nach neun Uhr sind die Züge heute leer. Und wer sagt, dass jede Schule vor acht Uhr mit dem Unterricht anfangen muss. Auch hier könnte man einfach Abhilfe bei die Stosszeiten schaffen.

«Avenir Suisse»-Experte Daniel Müller-Jentsch kritisiert gerade das GA. Es sei eine Flatrate für Mobilität und führe zu Überkonsum. Was sagen Sie?

Das GA ist grossartig – ein richtiger Verkaufsschlager. Klar rechnet es sich für Leute, die viel pendeln. Offenbar kostet die Strecke Zürich-Bern mit GA für jemanden, der täglich fährt, dann nur noch rund 17 Franken. Da kann man schon über eine Preiserhöhung diskutieren. Man muss aber wissen, dass viele – gerade Senioren – sich das GA leisten, im Wissen, dass es für sie nicht rentiert. Sie zahlen die 2800 Franken auch darum, weil sie sich dann nicht mehr um ein Billet kümmern müssen. Und: Viele Senioren sind mit den heutigen Lösungen, bei denen Billete am Computer, mit einem Smartphone oder am Automaten gekauft werden müssen, ein wenig überfordert. Das muss man auch bedenken. Dieses Leute werden nach einer Preiserhöhung kaum mehr dabeibleiben. Dann bleiben die Züge leer – dafür sind die Autobahnen noch mehr überfüllt.

Was ist dann Ihr Ansatz?

Ich finde das Halbtax gehört abgeschafft. Das tönt jetzt utopisch. Die SBB soll die Preise für alle halbieren. Im Gegenzug kann man dann eher über eine Preiserhöhung beim GA nachdenken.

Bei «Avenir Suisse» stellt man die Rabatte für Senioren generell in Frage. Was sagen Sie dazu?

Die Organisation hat ja das Wort Zukunft im Namen. Wenn Sie die Senioren so pauschal angeht, dann sind das einfach nur dumme Gedanken. Dann müsste man sie umtaufen: «Arrière Suisse» wäre dann wohl der richtige Begriff.

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