Kakofonie nun auch in der Corona-Taskforce? Am Wochenende sorgte eine Empfehlung der Wissenschaftler für Aufregung: Laut den Experten sollten für die nächsten acht Wochen alle Restaurants, Bars und Museen schliessen, Konzerte abgesagt und private Treffen auf zwei Haushalte beschränkt werden. Doch mehrere Mitglieder distanzierten sich gemäss «Sonntagszeitung» davon.
Der Glaubwürdigkeit der Taskforce hilft das nicht – und angeschlagen ist diese sowieso. Denn seit Wochen müssen sich die Wissenschaftler Alarmismus vorwerfen lassen. Beispielsweise, weil sie mehrfach vor einer Überlastung der Intensivplätze in den Spitälern gewarnt hatten. Zunächst sollte Ende Oktober schon kein Bett mehr frei sein, dann hiess es, Mitte November. Doch die neusten Zahlen des Koordinierten Sanitätsdienstes zeigen das Gegenteil: Stand Montag waren 294 Intensivbetten frei – 32 mehr als letzten Donnerstag.
Dass das Schreckensszenario nicht eingetreten ist, erklärt Taskforce-Präsident Martin Ackermann (49) auch mit der eindringlichen Warnung des Gremiums: Diese habe dazu geführt, dass Spitäler nicht dringliche Eingriffe verschoben und Kapazitäten freigespielt haben. Ausserdem ist die Belegung der Intensivstationen sehr grossen Schwankungen unterworfen.
Manche wollen den Lockdown, andere wollen warten
Beim «Lockdown-Chaos» vom Wochenende liegt die Sache aber anders, wie Ackermann bestätigt. Denn in der Tat sind sich die Mitglieder nicht einig: In Bezug auf die aktuelle Situation hätten einige Mitglieder dafür plädiert, den Behörden zu empfehlen, den Reproduktionswert (R-Wert, der angibt, wie schnell sich das Virus verbreitet) «sofort mit einzelnen, temporären, verschärften Massnahmen schnell runterzudrücken», so Ackermann. «Andere sind der Meinung, dass die Behörden mit dem Entscheid über weitere Massnahmen auch noch eine kurze Zeit zuwarten können, bis klarer ist, wie sich die Fallzahlen entwickeln.»
Kein Konflikt zwischen Wirtschaft und Gesundheit
Ackermann sieht keinen Konflikt zwischen wirtschaftlichen und gesundheitlichen Aspekten. Dass es zwischen den Experten zu Meinungsverschiedenheiten komme, sei wesentlicher Bestandteil der Wissenschaft. «Ich sehe es als eine Stärke der Taskforce an, dass sie so aufgestellt ist und bei solch wichtigen Fragen intensiv diskutiert», sagt er.
Vielmehr sei sich die Taskforce einig, dass es eine «deutliche Reduktion» der Fallzahlen brauche, damit das Krisenmanagement nicht an Grenzen stosse. «Deshalb hat die Taskforce ein klares Ziel vorgeschlagen: eine Halbierung der Fallzahlen alle zwei Wochen. Der aktuelle R-Wert von rund 0,9 reicht für dieses Ziel nicht aus», so Ackermann.
Die Taskforce schlage daher vor, die bestehenden Massnahmen sofort noch intensiver und konsequenter umsetzen. «Wir alle müssen unsere Kontakte auf ein absolutes Minimum reduzieren.» Und uns darauf vorbereiten, dass das allenfalls nicht ausreicht. Für diesen Fall sollten laut Ackermann auch zusätzliche temporäre Schliessungen eine Option bleiben.