Sie soll das prägende Thema im Präsidialjahr von Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga (59) sein: die Energiewende. «Angesichts der weltweiten Klimasituation und mit Blick auf die letzten Wahlen ist klar: Die Energie- und Klimapolitik hat Priorität», betonte die SP-Bundesrätin kürzlich im Interview mit dem SonntagsBlick. «Wir brauchen mehr sauberen Strom aus der Schweiz.»
Der Bundesrat hat bereits beschlossen, dass die Schweiz bis 2050 klimaneutral sein soll. Damit will er sicherstellen, dass unser Land seinen Beitrag zur weltweiten Begrenzung der Klimaerwärmung auf maximal 1,5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit leistet.
Kritik an unkoordiniertem Vorgehen
Doch die Schweiz ist von diesem Ziel noch weit entfernt. «Ich habe nicht den Eindruck, dass es wirklich vorwärtsgeht», findet der Basler FDP-Nationalrat Christoph Eymann (68). Ohne einen konkreten Plan, welche Massnahmen prioritär umgesetzt werden sollen, wirke alles «etwas unkoordiniert», so der ehemalige Basler Regierungsrat.
Eymann fordert daher: «Es sollte endlich jemand das Steuer in die Hand nehmen.» Unterstützt von Vertretern aus verschiedenen Fraktionen, verlangt er die Einsetzung eines «Mr. Klima». Oder einer Miss. Noch diese Woche wird er eine entsprechende Motion einreichen. Erhalte die Klimawende eine Identifikationsfigur, bei der alle Fäden zusammenlaufen, helfe dies, die politischen Ziele rascher zu erreichen.
Beispiel Preisüberwacher oder Datenschützer
Eymann verweist etwa auf Preisüberwacher Stefan Meierhans (51) oder Datenschützer Adrian Lobsiger (59). Auch bei der Vorbereitung zur Expo.02 oder bei der Bewältigung von Naturkatastrophen sei Aufgaben schon «ein Gesicht» verliehen worden.
«Die Erfahrungen mit solch personifizierten Funktionen sind positiv», betont Eymann. Mit einer zentralen Stelle sei es zudem einfacher zu ermitteln, wo der Hebel zuerst angesetzt werden soll. Dann liessen sich Massnahmen zur Senkung des Energieverbrauchs und Vermeidung des CO2-Ausstosses auch rascher umsetzen.
Denn die Ziele der Energiestrategie 2050 und des Pariser Klimaabkommens seien längst beschlossene Sache. Die Umsetzung in den Kantonen schreite aber nur schleppend voran. Eymann hat recht: Beim vergangene Woche an der Uno-Klimakonferenz in Madrid vorgestellten weltweiten Ländervergleich hat die Schweiz gleich sieben Ränge verloren. Sie liegt nun sogar hinter Indien.
«Kopflose Hysterie»
Bei der zuständigen Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (Urek) des Nationalrats löst die Idee kontroverse Reaktionen aus. SVP-Nationalrat Walter Wobmann (62) kann gar nichts damit anfangen: «Ich will keinen Klimadiktator, der ausserhalb bestehender Hierarchien schaltet und waltet.»
Industrie und Wirtschaft seien auch so auf dem richtigen Weg. «Es braucht nicht ständig neue Vorschriften und Verbote», findet Wobmann. «Die Politik sollte endlich aufhören mit dieser kopflosen Hysterie.»
Urek-Präsident Bastien Girod (38) dagegen findet die Forderung zumindest prüfenswert. Der Zürcher Grüne weist darauf hin, dass nun im Parlament aber in erster Linie zahlreiche neue Gesetze geschaffen werden müssten. «Eigentlich bräuchten wir deshalb vor allem ganz viele Mister und Miss Klima im Parlament.»