SVP-Nationalrat Maximilian Reimann (73) sind die obligatorischen Arztvisiten für Senioren-Autofahrer ein Dorn im Auge. Ab 70 muss sich nämlich jeder Autofahrer alle zwei Jahre einer ärztlichen Fahreignungskontrolle stellen.
«Das ist viel zu früh», sagt der Aargauer, der schon zweimal zum Zwangs-Check musste und beide Male «problemlos» durchkam. «Für viele Senioren ist es bloss eine Schikane, die sie erst noch selber bezahlen müssen.»
Jetzt will Reimann den Senioren mehr Luft verschaffen. Die Kontrolluntersuchung soll erst ab dem 75. Altersjahr obligatorisch werden, fordert er mit einer parlamentarischen Initiative. Im Gegenzug soll der Bund die Senioren dafür sensibilisieren, den Führerausweis bei Bedarf in Eigenverantwortung freiwillig abzugeben.
Reimann stört sich auch daran, dass die hiesigen Senioren zum Test antraben müssen, während Nachbarländer wie Deutschland, Frankreich und Österreich gänzlich darauf verzichten. Im Vergleich mit diesen Ländern weise die Schweiz bei der Senioren-Unfallstatistik jedenfalls keine nennenswerten Unterschiede auf, zieht Reimann den Nutzen der Tests in Frage.
Reimann ist nicht der einzige Parlamentarier, der zweifelt. 41 Nationalräte haben den Vorstoss mitunterschrieben – vor allem Politiker aus SVP, FDP, CVP, aber auch zwei aus der SP.
Und selbst die Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) erachtet den Vorstoss als «diskutabel», wie bfu-Verkehrspsychologe Uwe Ewert gegenüber BLICK erklärt. Denn: «Bisher gibt es keine harten wissenschaftlichen Belege, dass die obligatorischen Kontrolluntersuchungen die Verkehrssicherheit verbessern.» Die meisten Personen mit verkehrsrelevanten Krankheiten gingen nämlich ohnehin freiwillig zum Arzt.
Der Arztzwang könne gar negative Folgen haben, warnt Ewert. «Manche Senioren verweigern sich dem obligatorischen Arztbesuch und müssen deshalb den Führerschein abgeben – obwohl sie eigentlich noch fahrgeeignet wären.»
Statt im relativ sicheren Fortbewegungsmittel Auto seien diese Senioren dann öfter zu Fuss oder auf dem Velo unterwegs, sagt Ewert. «Mit der Folge, dass sie grösseren Unfallrisiken ausgesetzt sind.»
Die OECD und die Weltgesundheitsorganisation würden jedenfalls von altersabhängigen Kontrolluntersuchungen abraten, so Ewert.
Trotzdem möchte die bfu die Checks nicht gleich gänzlich abschaffen. Mit zunehmendem Alter würden die verkehrsrelevanten Erkrankungen nämlich zunehmen. Die meisten könnten aber durch Medikamente oder Hilfsmittel korrigiert werden. «Vor allem müssen die Ärzte aber einheitlicher vorgehen, damit die Checks Sinn machen», erklärt der Verkehrspsychologe. So gebe es zum Beispiel Tests, mit denen eine Demenz recht zuverlässig erkannt werden könne, wenn ein Verdacht besteht. «Und nicht – wie auch schon geschehen – die Frage nach den Namen der Bundesräte und seit wann sie im Amt seien.»
SVP-Mann Reimann hofft indes, dass sich die zuständige nationalrätliche Verkehrskommission nun eingehend mit der Thematik befasst. «Und wenn sie zum Schluss kommt, dass es die Kontrolluntersuchungen gar nicht mehr braucht, habe ich auch nichts dagegen.»