Ulrich Schlüer (71) hat gut lachen. Der ehemalige SVP-Nationalrat und stramme Rechtsaussen sammelt derzeit mit seinem «Egerkinger Komitee» Unterschriften für ein nationales Verhüllungsverbot. Da kommt ihm die prominente Unterstützung des Zürcher SP-Regierungsrats Mario Fehr (57) gerade recht. «In einer liberalen Gesellschaft zeigt jeder sein Gesicht – Burkas gehören nicht hierher», hatte Fehr in der NZZ erklärt.
Bereits 33'000 Unterschriften gesammelt
«Wir sind hocherfreut, dass nun auch der Zürcher Sicherheitsdirektor und Sozialdemokrat Mario Fehr erkannt hat, wie wichtig ein Verhüllungsverbot ist», jubiliert Schlüer. Bereits seien ein Drittel der notwendigen Unterschriften, also rund 33'000, beisammen. «Konservativ geschätzt», ergänzt er. Die Stimmung habe gedreht. «Und Fehrs Support nützt uns sicher.» Insbesondere würden viele Frauen das Anliegen unterstützen.
Auch Feministinnen, die nie und nimmer SVP wählen würden, unterstützen den Kampf gegen die Burka, sagt das Urgestein der Volkspartei. Tatsächlich hat sich die Ausgangslage für ein landesweites Verhüllungsverbot in den letzten Wochen geändert. Die Chancen der politischen Aussenseiter, nach dem Minarettverbot erneut mit einer Anti-Islam-Vorlage zu punkten, sind deutlich gestiegen. Derzeit schiebt das Grüppchen um Schlüer Überstunden – so gross ist die Nachfrage nach Unterschriftenbögen.
Auch in Bern ist ein Umschwung erkennbar. Parlamentarierinnen, beileibe nicht nur aus der SVP, kritisieren den Ganzkörperschleier – und stärken Mario Fehr den Rücken. «Ich bin gegen die Burka», sagt SP-Ständerätin Anita Fetz (59). Es gehöre in der Schweiz zur gesellschaftlichen Kommunikation, dem Gegenüber sein Gesicht zu zeigen, so die Baslerin. Und Cesla Amarelle (42), SP-Nationalrätin aus der Waadt, ergänzt: «Persönlich bin ich gegen die Burka.»
«Das ist purer Populismus»
Allerdings würde ein Verbot den betroffenen Frauen nicht helfen. «Das ist purer Populismus», so Amarelle. Nein zur Burka und Nein zum Verbot – so die Haltung der linken Politikerinnen. Zumindest solange nur Touristinnen betroffen sind. «Sollte sich die Verschleierung zu einem Schweizer Alltagsphänomen entwickeln, fände ich eine Regelung diskutabel», sagt Fetz.
In der bürgerlichen Mitte aber findet ein Verbot schon heute grossen Anklang. «Frauen in der Schweiz sind gleichberechtigte Menschen und sollen sich nicht mit Tüchern verhüllen müssen», sagt CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (52, BL). Burkas hätten in der Schweiz deshalb nichts zu suchen. «Ist es nicht die SP, welche an vorderster Front für die Frauenrechte kämpft? Deshalb ein Bravo an Mario Fehr!», applaudiert Schneider-Schneiter.
In der CVP ist diese Haltung weit verbreitet. «Dass Mario Fehr derart offen gegen die Verschleierung auftritt, begrüsse ich», sagt Nationalrätin Ruth Humbel (59, AG). Zwar hätten aus ihrer Sicht «Kleidervorschriften» in der Bundesverfassung nichts zu suchen, aber auf Gesetzesstufe unterstützt Humbel ein landesweites Burkaverbot. Und die Luzerner Nationalrätin Ida Glanzmann (57) betont: «Nach den jüngsten Anschlägen ist mehr denn je klar, dass es ein Verhüllungsverbot braucht.»
Kanton Tessin als gutes Beispiel
Eine Meinung, die auch in der FDP Anhängerinnen findet. «Ich bin ebenfalls für ein Burkaverbot», erklärt Nationalrätin Daniela Schneeberger (48, BL). Der Kanton Tessin ginge mit gutem Beispiel voran, dort werde das Burkaverbot sinnvoll gehandhabt – und von arabischen Touristinnen auch akzeptiert.
Die Burka sei in der Schweiz nicht weitverbreitet, hält die St. Galler Ständerätin Karin Keller-Sutter (52, FDP) fest. «Ich finde aber, dass Frauen, die permanent in der Schweiz wohnen, keine solche tragen sollten», so Keller-Sutter weiter. Die meisten Kantone würden bereits ein Vermummungsverbot kennen, damit wäre es möglich, «bei störenden Einzelfällen» einzugreifen.