Wir alle sind Konsumenten. Deshalb wünschen wir uns konsumentenfreundliche Politiker im Bundeshaus. Diese naheliegende Überlegung hat sich auch der SRF-«Kassensturz» gemacht – und deswegen nun eine Beschwerde am Hals.
Am Dienstag präsentierte die Kultsendung unter Moderator Ueli Schmezer die konsumentenfreundlichsten und -feindlichsten Parteien. Anhand von fünf Vorlagen, darunter das Lebensmittel- und Versicherungsvertragsgesetz, hat sie sich ein klares Urteil gebildet: Die Linke stimmt fast immer für die Interessen der Konsumenten, die SVP fast immer dagegen – und die anderen bürgerlichen Parteien meistens.
Der elfminütige Beitrag sorgt in der Wandelhalle für rote Köpfe. «Das geht gar nicht», sagt FDP-Vizepräsident Christian Wasserfallen. Was ihn und andere Politiker stört, ist, dass die Redaktion des gebührenfinanzierten Senders definiert, was konsumentenfreundlich ist.
SVP-Wirtschaftspolitiker Thomas Aeschi erläuterte in der Sendung die Position seiner Partei. Diese betreibe konsumentenfreundliche Politik, weil man gegen Regulierungen und Bürokratie einstehe. Das führe zu tieferen Preisen, so der Zuger.
«Von wegen!», lautet dazu der Kommentar der Sprecherin. In der Abmoderation sagt Schmezer gar, die Resultate sprächen für sich. Die Konsumenten hätten es nun «in der Hand», die richtigen Politiker zu wählen.
Gemäss publizistischem Leitbild der SRG gilt: «Je näher der Wahltermin rückt, desto wichtiger ist das Ausgewogenheitsgebot.»
Macht das SRF einen Monat vor dem Urnengang Wahlpropaganda? «Kassensturz»-Redaktionsleiter Wolfgang Wettstein verneint. «Die Zuschauer kennen ‹Kassensturz› als Sendung, die pointiert ihre Meinung vertritt und sich anwaltschaftlich auf die Seite der Konsumenten schlägt», erklärt er. Es sei schlicht «auffallend», dass «die SVP fast immer gegen Konsumenteninteressen gestimmt hat», sagt er. Die Fakten im Beitrag seien korrekt.
Wettstein erklärt: «Die gestrige Sendung hat für viel Gesprächsstoff gesorgt.» Deshalb wolle man das Thema in der nächsten Sendung vertiefen und ein Streitgespräch dazu führen. Gemäss Recherchen hat die Redaktion ausgerechnet Thomas Aeschi eingeladen. Allerdings erst, nachdem BLICK das SRF mit der Kritik aus dem Bundeshaus konfrontierte.
Klar ist: Die Sendung wird sich weiter verteidigen müssen. Medienpolitikerin Natalie Rickli (SVP) und ihr Ratskollege Gregor Rutz verfassten noch gestern Abend eine Beschwerde an SRG-Ombudsmann Achille Casanova. Darin schreiben sie, dass «Kassensturz» in der «Schlussphase des Wahlkampfs in die politische Debatte eingreift». Denn die Redaktion habe «implizite Empfehlungen» für die Wahlen vom 18. Oktober vorgenommen.
Hinzu komme eine Verletzung des Vielfaltsgebots. In vielen anderen Vorlagen wäre das Resultat ganz anders ausgefallen, sind die SVPler überzeugt.
Der Ärger ist für die legendäre Sendung ohnehin noch lange nicht ausgestanden. Für FDP-Nationalrat Wasserfallen ist die Sendung eine «Propagandamaschine der Linken». Im Rahmen des Service public müsse sie «klar in Frage gestellt werden», sagt er.