Politik-Winkelriede Köppel, Blocher und Co.
Noch einer, der «muss»

Sie wollen nicht nach Bundesbern, aber sie müssen. Zum Wohle des Landes, wie sie meistens behaupten. Die SVP ist ein Hort für selbsternannte Heilsbringer.
Publiziert: 03.03.2015 um 10:06 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 20:05 Uhr
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Roger Köppel: «Ich muss ins Getümmel hinein, dorthin, wo die Politik bestimmt und umgesetzt wird.»
Foto: Sabine Wunderlin
Von Ruedi Studer

Als «Weltwoche»-Chef Roger Köppel letzte Woche seine Nationalratskandidatur für die SVP präsentierte, hätte man schon fast ein bisschen Mitleid mit ihm bekommen können. Vor den Journalisten, Mikrofonen und Fernsehkamers stand einer, der sich für eine Kandidatur regelrecht opfert.

Einer, der nicht nach Bern will, einer der muss! Fürs Volk, für die Schweiz. In Köppels Worten: «Ich muss ins Getümmel hinein, dorthin, wo die Politik bestimmt und umgesetzt wird.» Im Kampf gegen die «verheerende und mich alarmierende Politik der linken Mehrheit in Bundesrat und Parlament».

Ein selbsternannter Winkelried der Moderne also. Bloss einer, auf den nicht die tödlichen Lanzen der Habsburger warten, sondern höchstens verbale Giftpfeile der politischen Gegner in Bundesbern. Und nebenher allerlei Annehmlichkeiten und Privilegien.

«Wenn ich muss, dann gehe ich halt»

Nun denn, Köppel ist nicht der Erste, der mit seiner Opfer- und Pflichtrhetorik nach Bern zieht. Perfektioniert hat diese Christoph Blocher, der als politischer Heilsbringer gerne von seinem «Auftrag» spricht. Erinnert sei an seine erneute Bundesratskandidatur 2008 – als er ein Jahr nach seiner Abwahl zusammen mit Ueli Maurer auf dem SVP-Doppelticket stand.

«Ich habe die Schweiz gerne. Deshalb werfe ich in einer derart schwierigen Zeit nicht einfach die Flinte ins Korn, wenn ich angefragt werde. Ich habe das Gefühl, ich muss das machen in der jetzigen Situation», betonte Blocher die Pflicht.

Und auch Jahre später noch antwortete er auf allfällige Bundesratsambitionen: «Ich wollte nie in den Bundesrat, aber wenn ich muss, dann gehe ich halt.»

Wie der Vater, so die Tochter

Der Hang zur «Opferbereitschaft» liegt in Blochers Familie. Seine Tochter Magdalena Martullo-Blocher gehört auch zu den «Ich muss»-Politikern in spe. Immer wieder wird sie auf eine mögliche Politkarriere angesprochen. Und immer wieder tönt die Antwort ähnlich.

Zum Beispiel: «Im Moment ist das kein Thema.» Um gleich hinzuzufügen: «Ausser, ich muss.» Oder ein andermal: «Wenn es für die Schweiz notwendig und sinnvoll ist.» Ein Türchen, zum Wohle des Landes vielleicht doch mal in die Fussstapfen des Vaters zu treten, bleibt als immer offen.

Ein Bundesrat, der nie Bundesrat sein wollte

Und wenn vorhin schon die Bundesratskandidatur Blochers angesprochen wurde, dient sein damaliger Ticket-Partner Ueli Maurer als weiteres Beispiel jener, die schon fast widerwillig in ein Amt gedrängt werden. «Es geht nicht einfach um meine Person, sondern darum, dass die SVP-Politik wieder im Bundesrat vertreten ist», erklärte Maurer seine Kandidatur: Die Pflicht an der Partei also. Und bei der SVP ist das gleichbedeutend mit der Pflicht am Land.

Später meinte er: «Ich wollte nie Bundesrat werden und wäre ebenso glücklich, wenn ich Strassen wischen würde.» Dabei ist es ein offenes Geheimnis, dass ihm das Amt mehr als zusagt.

Missionarischer Umweltschützer

Doch nicht nur in der SVP finden sich die Vertreter der «Ich muss»-Fraktion verbreitet. Auch andernorts sind sie zu finden. Jene Leute, die mit missionarischem Eifer ein Ziel verfolgen – und sich selbst schon als Messias sehen.

Umweltschützer Franz Weber gehört etwa zu dieser Spezies. 2008 sagte er in einem Interview zu seinem Engagement: «Ich muss das machen. Ich wäre froh, wenn es nicht so wäre. Ich sagen Ihnen, das ist keine lustige Arbeit. Das ist mir aufgezwungen, von den Gegnern, die die Umwelt und unsere Lebensqualität kaputtmachen.»

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