Er galt als politisches Ausnahmetalent. Zwar schaffte Pierre Maudet (40) im letzten September den Sprung in die Landesregierung nicht. Ignazio Cassis (57) wurde gewählt. Doch waren sich Beobachter sicher, dass Maudets Zeit noch kommen werde. Eines Tages würde der Genfer Regierungsrat im Bundesrat sein.
Zwölf Monate später steht das einstige Wunderkind alleine da. Nach den jüngsten Recherchen der «Rundschau» zeigte sich Parteipräsidentin Petra Gössi (42, SZ) vor der versammelten Bundeshauspresse enttäuscht und stellte Maudets Handlungsfähigkeit als Genfer Staatsrat infrage.
Maudet kann sich kaum halten
In der freisinnigen Bundeshausfraktion ist die Meinung ohnehin gemacht: Die Parlamentarier zeigen sich hinter vorgehaltener Hand überzeugt, dass sich Maudet nicht werde halten können. Dem Vernehmen nach teilen auch die Genfer Vertreter diese Meinung.
Offenbar fragte Maudet auch führende FDP-Exponenten, ob sie sich in der Öffentlichkeit vor ihn stellen würden. Doch sie winkten allesamt ab. Niemand möchte in die Affäre hineingezogen werden.
Die freisinnigen National- und Ständeräte hätten es am liebsten, wenn der Romand zurücktreten würde – Maudet ist für die Partei zur Hypothek geworden. Mit einem Parteikollegen, der die Einladung nach Abu Dhabi zu einem Formel-1-Rennen einfach abstritt und dreist log, ist kein Staat mehr zu machen.
Die FDP leidet
Nicht nur das – Maudet schadet auch dem Image der FDP. Ein Jahr vor den Wahlen. Dabei sah alles vor kurzem noch bestens aus. Auch dank des populären Maudet gewann die FDP im Frühling vier zusätzliche Sitze im Genfer Parlament und kommt jetzt auf 25 Prozent Wähleranteil.
Und jetzt dieses Schlamassel. Gewinnen kann der «Sheriff von Genf», wie er genannt wurde, eigentlich nichts mehr. Die Glaubwürdigkeit ist futsch.
Gegen aussen bleibt den FDP-Exponenten im Moment also nur, öffentlich den Ball flachzuhalten und sich in aller Form von Maudet zu distanzieren – zumindest wenn die Mikrofone abgestellt sind.
Zu den Auswirkungen der Affäre auf die Wahlchancen der Freisinnigen im nächsten Oktober sagte Nationalrat Christian Lüscher (54, GE) in der NZZ: Es handle sich um eine persönliche Angelegenheit, die mit dem Wohlergehen der Partei nichts zu tun habe.
Pierre Maudet (40) ist schon der zweite von drei FDP-Bundesratskandidaten, die durchleuchtet und für makellos befunden wurden, bei denen man aber später auf Fehlverhalten stiess.
Während Nationalrätin Isabelle Moret (47) zehn Jahre lang keine Steuerrechnung mehr erhielt, ist Maudet Beschuldigter in einem Strafverfahren. Alt Ständerat Felix Gutzwiller (70), einer der Prüfer, erklärt: «Die Prüfung war 2017 so detailliert wie nie zuvor. Erstmals haben wir die Steuererklärung, aber auch einen Strafregisterauszug und weitere schriftliche Unterlagen verlangt.»
Und man habe Artikel über die Kandidaten durchforstet und sie darauf angesprochen. Ab einem gewissen Punkt müsse man sich aber auf deren Aussagen verlassen. «Ich sehe jedenfalls nicht, wie man die Prüfung noch verschärfen könnte.»
Aus der Parteispitze ist zu hören, Maudet sei gar auf seine Reise angesprochen worden. Er habe aber den Eindruck vermittelt, dass alles rechtens war. Pascal Tischhauser
Pierre Maudet (40) ist schon der zweite von drei FDP-Bundesratskandidaten, die durchleuchtet und für makellos befunden wurden, bei denen man aber später auf Fehlverhalten stiess.
Während Nationalrätin Isabelle Moret (47) zehn Jahre lang keine Steuerrechnung mehr erhielt, ist Maudet Beschuldigter in einem Strafverfahren. Alt Ständerat Felix Gutzwiller (70), einer der Prüfer, erklärt: «Die Prüfung war 2017 so detailliert wie nie zuvor. Erstmals haben wir die Steuererklärung, aber auch einen Strafregisterauszug und weitere schriftliche Unterlagen verlangt.»
Und man habe Artikel über die Kandidaten durchforstet und sie darauf angesprochen. Ab einem gewissen Punkt müsse man sich aber auf deren Aussagen verlassen. «Ich sehe jedenfalls nicht, wie man die Prüfung noch verschärfen könnte.»
Aus der Parteispitze ist zu hören, Maudet sei gar auf seine Reise angesprochen worden. Er habe aber den Eindruck vermittelt, dass alles rechtens war. Pascal Tischhauser
Am 20. September 2017 unterlag er gegen Ignazio Cassis (57) bei der Bundesratswahl und ging trotzdem nicht als Verlierer aus dem Bundeshaus: Pierre Maudet (40, FDP) war als Aussenseiter in den Wahlkampf gestartet und ging als «bundesratstauglich» aus ihm hervor.
«Times are changing» – ein Jahr später sieht die Welt für Maudet völlig anders aus. Das Protokoll des Abstiegs:
Am 17. Mai 2018 machte der «Tages-Anzeiger» in der Deutschschweiz publik, dass die Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren wegen Vorteilsannahme führt, also weil der Verdacht besteht, dass sich jemand bestechen liess. Zwar lief das Verfahren gegen unbekannt, doch es war klar, dass sich der Verdacht gegen Maudet richtete.
Denn «Tribune de Genève» und Radio Lac hatten berichtet, dass Maudet im November 2015 samt Familie und weiteren Personen nach Abu Dhabi gereist war. Wie Maudet einräumte, hatte er die Reise nicht selbst bezahlt. Eigentlich habe er das gewollt, doch als er realisierte, dass bereits alles bezahlt war, habe er die entsprechende Summe an wohltätige Organisationen gespendet.
Darauf legten die Medien nach: Said Bustany, ein Geschäftsmann mit libanesischen Wurzeln, habe die Reise bezahlt. Maudet präzisierte, seine Spende habe 4000 Franken betragen. Das reichte jedoch nicht für die Reise in der Businessklasse, das Luxushotel und den Zugang zu einem Formel-1-Rennen im Emirat. Und es wurde bekannt, dass Bustany Beziehungen zur Herrscherfamilie der Vereinigten Arabischen Emirate unterhält. Brisant: Maudet traf gar den Kronprinzen auf der Reise – «per Zufall», wie er sagte.
Am 21. Juni 2018 rügte ihn das Genfer Parlament wegen der Annahme des «luxuriösen Geschenks» im Wert von mehreren Zehntausend Franken.
Vor zwei Wochen dann gab die Genfer Staatsanwaltschaft bekannt, sie wolle ein Strafverfahren gegen Maudet wegen Vorteilsannahme im Amt führen. Statt Bustany heisst es jetzt, der Kronprinz habe die Reisekosten übernommen.
Doch als Staatsrat geniesst Maudet Immunität und auch wenn er darauf verzichten will, hat über deren Aufhebung das Kantonsparlament zu befinden. Das soll am 20. September geschehen – genau ein Jahr nach Maudets Beinahe-Wahl in den Bundesrat.
Am 5. September räumte Maudet im Genfer Lokalfernsehen Léman Bleu ein, «einen Teil der Wahrheit verheimlicht» und «versagt» zu haben. «Als ich bemerkte, dass ein ausländischer Staat die Reise bezahlte, fand ich das unerträglich und habe versucht, diese Tatsache zu kaschieren», sagte der 40-Jährige. Und entschuldigte sich dafür.
Trotz allem hat die Genfer Regierung beschlossen, dass Maudet als Regierungspräsent und Sicherheitsdirektor im Amt bleibt, aber teilentmachtet wird.
Am Mittwoch, 12. September, deckte die SRF-Sendung «Rundschau» auf, dass die Freunde Maudets knallharte Geschäftsinteressen verfolgten: Via Firma Capvest kauften sie beim Flughafen Genf ein Grundstück für 18,5 Millionen Franken. Zum Zeitpunkt des Kaufs lag dieses noch in der Landwirtschaftszone. Wie die «Rundschau» in Erfahrung brachte, hat der Staatsrat dem ersten Umzonungsschritt zugestimmt.
Am 20. September 2017 unterlag er gegen Ignazio Cassis (57) bei der Bundesratswahl und ging trotzdem nicht als Verlierer aus dem Bundeshaus: Pierre Maudet (40, FDP) war als Aussenseiter in den Wahlkampf gestartet und ging als «bundesratstauglich» aus ihm hervor.
«Times are changing» – ein Jahr später sieht die Welt für Maudet völlig anders aus. Das Protokoll des Abstiegs:
Am 17. Mai 2018 machte der «Tages-Anzeiger» in der Deutschschweiz publik, dass die Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren wegen Vorteilsannahme führt, also weil der Verdacht besteht, dass sich jemand bestechen liess. Zwar lief das Verfahren gegen unbekannt, doch es war klar, dass sich der Verdacht gegen Maudet richtete.
Denn «Tribune de Genève» und Radio Lac hatten berichtet, dass Maudet im November 2015 samt Familie und weiteren Personen nach Abu Dhabi gereist war. Wie Maudet einräumte, hatte er die Reise nicht selbst bezahlt. Eigentlich habe er das gewollt, doch als er realisierte, dass bereits alles bezahlt war, habe er die entsprechende Summe an wohltätige Organisationen gespendet.
Darauf legten die Medien nach: Said Bustany, ein Geschäftsmann mit libanesischen Wurzeln, habe die Reise bezahlt. Maudet präzisierte, seine Spende habe 4000 Franken betragen. Das reichte jedoch nicht für die Reise in der Businessklasse, das Luxushotel und den Zugang zu einem Formel-1-Rennen im Emirat. Und es wurde bekannt, dass Bustany Beziehungen zur Herrscherfamilie der Vereinigten Arabischen Emirate unterhält. Brisant: Maudet traf gar den Kronprinzen auf der Reise – «per Zufall», wie er sagte.
Am 21. Juni 2018 rügte ihn das Genfer Parlament wegen der Annahme des «luxuriösen Geschenks» im Wert von mehreren Zehntausend Franken.
Vor zwei Wochen dann gab die Genfer Staatsanwaltschaft bekannt, sie wolle ein Strafverfahren gegen Maudet wegen Vorteilsannahme im Amt führen. Statt Bustany heisst es jetzt, der Kronprinz habe die Reisekosten übernommen.
Doch als Staatsrat geniesst Maudet Immunität und auch wenn er darauf verzichten will, hat über deren Aufhebung das Kantonsparlament zu befinden. Das soll am 20. September geschehen – genau ein Jahr nach Maudets Beinahe-Wahl in den Bundesrat.
Am 5. September räumte Maudet im Genfer Lokalfernsehen Léman Bleu ein, «einen Teil der Wahrheit verheimlicht» und «versagt» zu haben. «Als ich bemerkte, dass ein ausländischer Staat die Reise bezahlte, fand ich das unerträglich und habe versucht, diese Tatsache zu kaschieren», sagte der 40-Jährige. Und entschuldigte sich dafür.
Trotz allem hat die Genfer Regierung beschlossen, dass Maudet als Regierungspräsent und Sicherheitsdirektor im Amt bleibt, aber teilentmachtet wird.
Am Mittwoch, 12. September, deckte die SRF-Sendung «Rundschau» auf, dass die Freunde Maudets knallharte Geschäftsinteressen verfolgten: Via Firma Capvest kauften sie beim Flughafen Genf ein Grundstück für 18,5 Millionen Franken. Zum Zeitpunkt des Kaufs lag dieses noch in der Landwirtschaftszone. Wie die «Rundschau» in Erfahrung brachte, hat der Staatsrat dem ersten Umzonungsschritt zugestimmt.