Das Volk hat gesprochen: Pierre Maudet (45), der Mann, der 2021 nach einer Einladung nach Abu Dhabi wegen Vorteilsannahme, eines Korruptionsdeliktes, schuldig gesprochen wurde, ist offiziell rehabilitiert. Gegenüber Blick äussert sich der ehemalige und künftige Genfer Staatsrat zu seiner Wahl.
Sind Sie überrascht, dass Sie wieder in die Kantonsregierung gewählt wurden?
Pierre Maudet: Mehr hat mich die Wahl von zehn unserer Kandidaten von Liberté et Justice sociale ins Kantonsparlament am 2. April überrascht. Von da an war meine Wahl in den Staatsrat ziemlich logisch.
Wie erklären Sie sich, dass Ihnen die Genfer eine zweite Chance geben?
Wir haben alles gegeben und in den letzten Monaten mit den Kandidatinnen und Kandidaten von Liberté et Justice sociale eine sehr gute Kampagne geführt. Wir haben versucht, die Sorgen der Menschen genau zu identifizieren und Antworten darauf zu geben. Und es gab nicht viele Kandidierende anderer Parteien, die das getan haben. Wir konnten überzeugen, weil wir anders sind.
Haben Sie diesen Sieg errungen, weil die Leute Sie lieben oder weil sie die derzeitige Regierung hassen?
(lacht) So tief kann ich nicht in die Seele der Genferinnen und Genfer blicken. Doch der Anstieg von etwa 30'000 Stimmen im ersten Wahlgang auf 45'000 im zweiten Wahlgang zeugt von mehr als nur von der Ablehnung der aktuellen Regierung. Einer Regierung übrigens, die nicht schlecht abgeschnitten hat, der es aber vielleicht ein wenig an Visionen für die Zukunft gefehlt hat.
Die FDP wollte Ihre Rückkehr um jeden Preis verhindern. Können Sie jetzt trotzdem mit den ehemaligen Parteikollegen zusammenarbeiten?
Sie werden auf jeden Fall mit mir zusammenarbeiten müssen. Meine Wahl und die Wahl unserer zehn Kantonsräte sind der beste Beweis dafür, dass eine Politik der Blockade zum Scheitern verurteilt ist.
Hat die bürgerliche Allianz aus FDP, SVP, Mitte und MCG Sie eher gestärkt oder geschwächt?
Es stimmt, dass ich in den letzten Monaten eine neue Kategorie von Politikern gesehen habe: «Schleusenwärter», die Dämme errichten wollen – sei es gegen rechts, gegen links oder gegen mich. Um Ihre Frage genau zu beantworten, müsste man die Wahlzettel untersuchen. Aber instinktiv würde ich sagen, dass die Allianz mich auf jeden Fall dazu gezwungen hat, einen sehr profilierten und unabhängigen Wahlkampf zu führen. Das hat mich in eine Position gebracht, die ich eigentlich sehr schätze.
Zwischen drei linken und drei rechten Staatsräten – werden Sie jetzt der Schiedsrichter in der Regierung sein?
Mit meinen freisinnigen Wurzeln befinde ich mich in der Tat in der Mitte zwischen diesen beiden Polen. Ich werde mich also wahrscheinlich in der Rolle des Schiedsrichters wiederfinden, ja.
Aber wird diese Regierung dann eher nach rechts oder nach links tendieren?
Sofern diese Frage nicht interessant ist – meiner Meinung nach ist sie das nicht –, müssen wir uns noch etwas gedulden, um sie zu beantworten. Es wird davon abhängen, welche Prioritäten der neue Staatsrat in den nächsten Wochen setzt. Ich persönlich wünsche mir keine Rechts-Links-Regierung, sondern eine Regierung, die vor allem die Dossiers vorantreibt.
Einige Genfer Beamte befürchten, dass mit Ihnen auch Ihr autoritärer Führungsstil in die Regierung zurückkehren wird. Können Sie sie beruhigen?
Man braucht nur die Genfer Nachrichten der letzten Wochen zu lesen, um festzustellen, dass sich die mir zugeschriebenen Managementprobleme in anderen Departementen auch zu finden sind. Abgesehen davon kann ich die Beamten beruhigen: Ich bin, wie jeder Mensch, verbesserungsfähig. Ich habe ja im Wahlkampf zugegeben, dass der «Bulldozer»-Ansatz, den ich manchmal an den Tag gelegt habe, auch mich nicht unversehrt gelassen hat. Auch wenn ich weiter zielstrebig sein werde, werde ich die Fehler in der Vergangenheit nicht wiederholen. Ich habe sehr wohl gesehen, wo ihre Grenzen sind.
Nun geht es an die Verteilung der Departemente. Welches wäre Ihnen am liebsten?
(lacht) Der morgende Tag wird für das Seine sorgen, wie es in der Bibel heisst. Kein Kommentar.
Wenn Sie in fünf Jahren nur ein Ziel erreichen könnten, welche wäre das?
Was wir im Wahlkampf am meisten betont haben: eine öffentliche Krankenkasse. Das wäre transparent im Gegensatz zur derzeitigen Undurchsichtigkeit der Krankenversicherungen. Und sie könnte helfen, die Kosten in den Griff zu bekommen.