Petra Gössi über die Ausschaffung von Ausländern
«Die SVP spielte ein falsches Spiel»

Im Interview erzählt Petra Gössi, wie sie als zukünftige FDP-Parteipräsidentin die Prioritäten in der Wirtschaftspolitik setzen will, wie sie zur Durchsetzungs-Initiative steht und wie sie es erlebt, dass man sich nun für ihr Privatleben interessiert.
Publiziert: 20.02.2016 um 13:55 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 03:40 Uhr
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Die Schwyzer Nationalrätin Petra Gössi will Präsidentin der FDP Schweiz werden.
Foto: Siggi Bucher
Matthias Halbeis

BLICK: Sind Sie nun für oder gegen die Durchsetzungs-Initiative (DSI)? Sie kämpften ja für eine möglichst direkte Umsetzung der ursprünglichen Ausschaffungsinitiative.
Petra Gössi:
Ich bin klar gegen die DSI. Es wäre anders gewesen, wenn der Text im Gesetz gestanden hätte und somit nicht unsere rechtsstaatlichen Grundsätze ausgehebelt hätte. Die SVP-Initianten ergriffen kein Referendum – waren somit mit der Umsetzung einverstanden. Trotzdem hatte die SVP längst mit der Unterschriftensammlung für die DSI begonnen, welche nun noch eine weitere Verschärfung bringen würde. Für mich trieb die SVP ein falsches Spiel.

Aber eigentlich wollen Sie als zukünftige FDP-Parteipräsidentin die Prioritäten ja in der Wirtschaftspolitik setzen, oder?
Es herrschen zurzeit schwierige Zeiten, gerade mit Blick auf die Frankenstärke. Deshalb ist es wichtig, dass die Bürokratie für die Unternehmen abgebaut wird. Gerade jetzt brauchen sie Handlungsspielraum. Darum müssen wir auch unser liberales Arbeitsrecht verteidigen. Und dann brauchen wir eine mehrheitsfähige Vorlage für die Unternehmenssteuerrevision III.

Wieso?
Es geht nicht nur um die Bedingungen für internationale Holdings, die für wichtige Steuereinnahmen sorgen, sondern auch um Schweizer KMU, die als Zulieferer direkt von Standort-Entscheiden betroffen sind und Tausende Arbeitsplätze garantieren.

Bürokratie einschränken heisst: Verwaltung abbauen?
Die Verwaltung ist in den letzten Jahren massiv gewachsen, und die Kostenexplo­sion setzt sich fort. Um zu sparen, sollten wir hier sicher ansetzen.

Die FDP trat häufig geschlossen auf – ausser beim Sparen. Wie sorgen Sie für mehr Disziplin?
Niemand spart gern, weil es sofort um Einzelinteressen geht. Wenn wir in den nächsten Jahren die Schuldenbremse einhalten wollen, kommen wir nicht um eine Opfersymmetrie he­rum: Dann müssen alle Abstriche in Kauf nehmen. Aber Steuererhöhungen sind für mich keine Option.

Für eine liberale FDP-Politikerin positionieren Sie sich in Gesellschaftsfragen sehr nahe bei den Konservativen. Kein Problem?
Ein Beispiel: Ich werde jetzt oft mit Fragen zum Umgang mit der Homosexualität konfrontiert. Mir ist egal, wer was lebt. Das ist der liberale Ansatz. Es ist jeder frei, zu wählen, was er will. Dann habe ich ein Juristenherz: Die Ehe ist für mich in erster ­Linie ein Vertrag.

Was bedeutet das?
Sie regelt das Verhältnis zwischen Mann und Frau. Das muss aber auch nicht noch in der Verfassung stehen. Will sich ein gleichgeschlechtliches Paar offiziell verbinden, gibt es dafür die eingetragene Partnerschaft. Und dies sichert ganz ähnliche Rechte. Für mich genügt das und hat nichts mit einem konservativen Drall zu tun.

Homosexuelle sagen aber, sie hätten nicht dieselben Rechte.
Von Seiten des Gesetzgebers ist für mich alles vorgekehrt. Mir ist schon bewusst, dass es in Einzelfällen Unterschiede gibt. Aber weitere Grundlagen zu schaffen, ist für mich einfach nicht notwendig.

Ein anderes gesellschaftliches Thema: Will man den Fachkräftemangel beheben, kann man im Ausland rekrutieren – oder im Inland Frauen stärker in die Arbeitswelt einbinden. Einverstanden?
Ja. Die Hürden müssen überall abgebaut werden: Arbeit muss sich für Frauen lohnen, es muss Tagesstrukturen geben, und man muss die Fremdbetreuungskosten voll von den Steuern abziehen können. Ich bin überzeugt, dann gehen die Frauen auch arbeiten.

Philipp Müller hielt Distanz zur Wirtschaft. Die FDP sollte nicht als Befehlsempfängerin wahrgenommen wird. Wo stehen Sie?
Wichtig für eine Partei ist, dass man Kompetenz zeigt. Dazu muss man im Austausch stehen. Klar darf man nie Befehlsempfängerin sein. Die FDP ist eine Volkspartei und muss die Inte­ressen der Bevölkerung und deren Arbeitsplätze als Ganzes beachten, nicht nur jene einzelner Branchen.

Wie erleben Sie es, dass man sich nun für Ihr Privatleben interessiert?
Ich finde es faszinierend. Klar müssen die Leute wissen, wie ich ticke, was ich für Hobbys habe. Dass kein Strafverfahren offen ist. Dafür habe ich Verständnis.

Was geht Ihnen zu weit?
Mir gefällt die Schweiz unter anderem deshalb, weil man ­einander leben lässt. Ein Parteipräsident ist kein Star, er erledigt seine Arbeit. Der Rest ist privat. Ich glaube nicht, dass die Leute mehr interessiert.

Sagen Sie trotzdem mehr, als dass Sie in einer Partnerschaft leben?
Dann sage ich zusätzlich, dass es ein Partner ist, mit dem ich zusammen bin. Ich bin dankbar, wenn respektiert wird, dass hier die Grenze ist. Ich will heimkommen und die Türe zuziehen können und wissen: Das ist meine Privatsphäre. Hier kann ich mich entspannen, ohne dass die ganze Schweiz weiss, wie mein Schlafzimmer oder mein Bad aussieht.

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