Böses Erwachen nach dem 1. Mai: Bauarbeiter, die mit 60 in Frührente wollen, müssen sich auf 200 bis 300 Franken weniger Monatsrente aus der Pensionskasse einstellen. Der Grund dafür: Die BVG-Auffangeinrichtung hat den Vertrag mit der Baubranche gekappt. Dies, weil die frühpensionierten Bauarbeiter weniger einzahlen würden als sie später als Rente beziehen. Ein Minusgeschäft für die Auffangrichtung also.
Im Kündigungsschreiben an die Stiftung FAR, die die Frühpensionierung auf dem Bau ermöglicht, heisst es: «Eine weitere Quersubventionierung der durch FAR aufgebürdeten Pensionsierungsverluste können wir unseren übrigen BVG-Versicherten nicht mehr aufbürden.»
Die unter 60-Jährigen haben das Nachsehen
Für Angestellte auf dem Bau sind das schlechte Nachrichten. Bisher lief es so: Wenn ein Bauarbeiter mit 60 in Frühpension ging, wurde er in den meisten Fällen aus seiner Pensionskasse ausgeschlossen. Damit er dennoch weiterhin Alterskapital ansparen konnte, übernahm die BVG-Auffangeinrichtung BVG. Sie ist eine Art Pensionskasse, die im Auftrag des Bunds dafür sorgt, dass niemand aus der beruflichen Vorsorge herausfällt. Die Einrichtung nahm bislang also auch jene frühpensionierten Bauarbeiter auf, die bis 65 weiter einzahlen wollten, um so trotz Frühpensionierung später eine normale PK-Rente zu erhalten.
Damit ist nun Schluss. Zwar können jene, die schon in der Auffangeinrichtung versichert sind, dort bleiben. Doch wer beispielsweise 59 Jahre alt ist und nächstes Jahr in Frühpension gehen will, wird nicht mehr aufgenommen.
Für die Baumeister ist die Kündigung die «Notbremse»
Die Bauarbeiter trifft das zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Denn schon die Frühpensionierung an sich steht auf der Kippe. Weil die Stiftung FAR finanzielle Probleme hat: Sie ist in Unterdeckung, weil immer mehr Bauarbeiter sich frühpensionieren lassen (siehe Box). Baumeisterverband und Gewerkschaften streiten daher schon seit Monaten darüber, wie das Problem gelöst werden soll (BLICK berichtete).
Nun kommt mit der Kündigung der Pensionskassen-Stiftung eine neue Baustelle dazu. Die die Rente mit 60 generell in Frage stellt. Für den Baumeisterverband ist die finanzielle Situation der FAR Grund für die Kündigung der Auffangeinrichtung. «Mit dieser Notbremse bestätigen externe Experten, was wir schon lange sagen: Die Frührente muss dringend saniert werden», so Baumeisterpräsident Gian-Luca Lardi (48).
Die Baumeister fordern, die Bauarbeiter sollten bis 61 oder 62 arbeiten – oder eben Renteneinbussen in Kauf nehmen. «Die Kündigung ist hoffentlich für die Gewerkschaften ein Weckruf», so Lardi. «Noch mehr Geld in ein marodes System zu schiessen, nützt nichts. Wir brauchen echte Sanierungen bei den Leistungen, um die Frührente zu sichern», meint er.
«Dem Baumeisterverband ist jedes Mittel recht»
Die Arbeitnehmervertreter widersprechen vehement. «Die Kündigung hat nichts mit der finanziellen Situation der FAR zu tun», so Unia-Mann Nico Lutz (48). Wenn die Auffangeinrichtung behaupte, sie brauche mehr Geld, dann habe das andere Gründe: Beim Übergang von der Pensionskasse an die Auffangeinrichtung verlieren die Bauarbeiter Geld. Und die Auffangeinrichtung rechnet bei allen Altersguthaben mit einem hohen Umwandlungssatz.
«Doch dem Baumeisterverband ist offenbar jedes Mittel recht, um eine Rentenkürzung durchzudrücken.» Für Lutz ist die Sache aber noch nicht gegessen: «Wir können mit einem Gutachten belegen, dass diese Kündigung der Auffangeinrichtung nicht rechtens ist. Und wir werden wenn nötig auch juristisch durchsetzen, dass die Bauarbeiter nach Jahrzehnten harter Arbeit nicht aus der Rentenkasse geworfen werden.»
Wer 40 Jahre lang auf dem Bau chrampft, hat den Ruhestand mehr als verdient. Tagein, tagaus bei jedem Wetter für andere ein Dach über dem Kopf oder eine Strasse zu bauen, hinterlässt schmerzhafte Spuren in Rücken, Händen, Beinen.
Die Einführung der Frühpensionierung für die Büezer auf dem Bau im Jahr 2003 war daher eine echte Errungenschaft – sozialpartnerschaftliche Schweizer Baukunst, wenn man so will.
Doch nun zeigen sich die ersten Gebrauchsschäden, das Gebäude muss umfassend renoviert werden: Weil derzeit viele Bauarbeiter in Frührente gehen, wird das Geld knapp. Es fehlen mehr als ein paar Dachziegel, das Fundament selbst bröckelt.
Doch statt zusammen anzupacken und das Meisterwerk von einst gemeinsam wieder bewohnbar zu machen, bekriegen sich Baumeisterverband und Gewerkschaft. Sie zeigen sich als liederliche Erben des damaligen Kompromisses. Im Namen von denen, die tagein, tagaus bei jedem Wetter auf den Baustellen des Landes chrampfen: Setzt den Helm auf und fangt endlich an zu arbeiten!
Sermîn Faki
Wer 40 Jahre lang auf dem Bau chrampft, hat den Ruhestand mehr als verdient. Tagein, tagaus bei jedem Wetter für andere ein Dach über dem Kopf oder eine Strasse zu bauen, hinterlässt schmerzhafte Spuren in Rücken, Händen, Beinen.
Die Einführung der Frühpensionierung für die Büezer auf dem Bau im Jahr 2003 war daher eine echte Errungenschaft – sozialpartnerschaftliche Schweizer Baukunst, wenn man so will.
Doch nun zeigen sich die ersten Gebrauchsschäden, das Gebäude muss umfassend renoviert werden: Weil derzeit viele Bauarbeiter in Frührente gehen, wird das Geld knapp. Es fehlen mehr als ein paar Dachziegel, das Fundament selbst bröckelt.
Doch statt zusammen anzupacken und das Meisterwerk von einst gemeinsam wieder bewohnbar zu machen, bekriegen sich Baumeisterverband und Gewerkschaft. Sie zeigen sich als liederliche Erben des damaligen Kompromisses. Im Namen von denen, die tagein, tagaus bei jedem Wetter auf den Baustellen des Landes chrampfen: Setzt den Helm auf und fangt endlich an zu arbeiten!
Sermîn Faki
Die Einführung der Frühpensionierung auf dem Bau gilt heute als Meilenstein in der Sozialpartnerschaft. Seit fast 15 Jahren – genau seit Juli 2003 – können Bauarbeiter statt mit 65 schon ab dem vollendeten 60. Lebensjahr in Rente gehen. Garantiert per Gesamtarbeitsvertrag.
Etwa 15 000 Bauarbeiter konnten bis anhin davon profitieren. Sie erhalten 65 Prozent des letzten Lohns plus 6000 Franken, maximal sind das 5640 Franken im Monat. Finanziert wird die vorzeitige Pensionierung über Lohnabzüge – wobei die Arbeitnehmer derzeit 1,5 Prozent ihres Lohns in die extra eingerichtete Stiftung Flexibler Altersrücktritt (FAR) einzahlen, die Arbeitgeber 5,5 Prozent.
Doch die Stiftung ist in finanzielle Schieflage geraten. Grund dafür sind die Babyboomer. Diese geburtenstarken Jahrgänge kommen jetzt ins Pensionsalter. Das heisst: Besonders viele Bauarbeiter lassen sich frühpensionieren. Die Stiftung FAR muss mehr auszahlen, als sie einnimmt. Schon jetzt kommt im Jahr weniger herein, als ausbezahlt wird. Die Stiftung muss saniert werden.
Doch über die Art und Weise sind sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer uneins. Während die Baumeister fordern, dass die Bauarbeiter entweder weniger Übergangsrente erhalten oder aber länger arbeiten, wollen die Gewerkschaften, dass mehr Beiträge einbezahlt werden.
Die Einführung der Frühpensionierung auf dem Bau gilt heute als Meilenstein in der Sozialpartnerschaft. Seit fast 15 Jahren – genau seit Juli 2003 – können Bauarbeiter statt mit 65 schon ab dem vollendeten 60. Lebensjahr in Rente gehen. Garantiert per Gesamtarbeitsvertrag.
Etwa 15 000 Bauarbeiter konnten bis anhin davon profitieren. Sie erhalten 65 Prozent des letzten Lohns plus 6000 Franken, maximal sind das 5640 Franken im Monat. Finanziert wird die vorzeitige Pensionierung über Lohnabzüge – wobei die Arbeitnehmer derzeit 1,5 Prozent ihres Lohns in die extra eingerichtete Stiftung Flexibler Altersrücktritt (FAR) einzahlen, die Arbeitgeber 5,5 Prozent.
Doch die Stiftung ist in finanzielle Schieflage geraten. Grund dafür sind die Babyboomer. Diese geburtenstarken Jahrgänge kommen jetzt ins Pensionsalter. Das heisst: Besonders viele Bauarbeiter lassen sich frühpensionieren. Die Stiftung FAR muss mehr auszahlen, als sie einnimmt. Schon jetzt kommt im Jahr weniger herein, als ausbezahlt wird. Die Stiftung muss saniert werden.
Doch über die Art und Weise sind sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer uneins. Während die Baumeister fordern, dass die Bauarbeiter entweder weniger Übergangsrente erhalten oder aber länger arbeiten, wollen die Gewerkschaften, dass mehr Beiträge einbezahlt werden.