Peinliche Panne beim Blindtest
Bauern-Chef fällt auf billigen Ösi-Schinken rein!

Die Bauern wollen «minderwertige» EU-Lebensmittel aus der Schweiz verbannen. Blick.ch machte den Blindtest mit dem höchsten Schweizer Landwirt. Note: Ungenügend!
Publiziert: 10.05.2015 um 13:20 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 18:54 Uhr
Von Stephanie Seliner und Christof Vuille

Kaum eine Lobby ist im Bundeshaus dermassen stark wie jene der Bauern. Das demonstrierten die Landwirte diese Woche in der Sondersession. Ihnen gelang im Nationalrat ein Husarenstück: Künftig sollen keine «minderwertigen» EU-Produkte mehr auf den Schweizer Markt gelangen.

Konkret sollen Lebensmittel vom sogenannten Cassis-de-Dijon-Prinzip ausgenommen werden. Seit fünf Jahren gelangen dank diesem Produkte in den eidgenössischen Handel, die bloss EU-Vorschriften entsprachen.

Bauern schalten Konkurrenz aus

Die Bauern fürchteten die billige Konkurrenz – und haben sie nun in der grossen Kammer nach allen Regeln der Lobbying-Kunst ausgeschaltet. An vorderster Front dafür weibelte CVP-Nationalrat Markus Ritter, Präsident des schweizerischen Bauernverbands (SBV).

BLICK besuchte den St. Galler auf seinem Hof in Altstätten – und machte den Test aufs Exempel, ob er die angeblich minderwertigen Produkte von Schweizer Qualitätsware unterscheiden kann. Resultat: Ungenügend!

Ritter: Gut beim Käse, schwach beim Schinken

Der Bauern-Boss verköstigte – mit verbundenen Augen – Reibkäse, Schinken und Sirup. Den «schlechten» Parmesan erkannte er zielsicher. Dieser fällt unters Cassis-de-Dijon-Prinzip, weil er zu viel Stärke aufweist. Beim Schweizer Käse sei sofort «der Milchgeschmack und das Vertraute» hervorgekommen, erklärt Ritter.

Weniger gut schlug er sich im Schinken-Test. Das österreichische Produkt schnitt in wissenschaftlichen Tests schlecht ab, weil es einen hohen Wassergehalt aufweist. Dennoch mundete dem 48-jährigen dieses Stück Fleisch besser als die Schweizer Ware von Coop und Migros!

Seine Erklärung: Alle Produkte seien gut gewesen. «Das Wasser ist schwierig festzustellen, ich habe eher auf den Geschmack geachtet», so Ritter. Er habe gedacht, dass es schwer sein würde.

Coop und Denner ohne Cassis-de-Dijon-Produkte

Sowohl Käse und Schinken postete BLICK übrigens in Österreich. Denn in der Schweiz sind Cassis-de-Dijon-Produkte gar nicht leicht zu finden! Grund? Die grossen Detailhändler führen sie gar nicht.

Coop hat kein einziges Lebensmittel im Sortiment, das unter die Richtlinien fällt, sagt Sprecherin Nadja Ruch. Dieselbe Antwort geben auf Anfrage Lidl und Denner. Bei Aldi sind es fünf Produkte, darunter die «Nürnberger Rostbratwurst».

Zwei Cassis-de-Dijon-Produkte führt die Migros. Die M-Budget-Sirups «Himbeer» und «Beeren». Sie erhalten nur 10 Prozent Fruchtanteil, gemäss Schweizer Kriterien müssten es deren 30 sein.

Erkannte Ritter den tiefen Anteil? Nein, auch hier lag er bei der Degustation falsch. Mit seiner Nase erschnüffelte er aber den schlechten Saft.

Bereits in der Nationalratsdebatte verwies der Bauernchef auf die ausgebliebenen Wirkungen des Cassis-de-Dijon-Prinzips. In der Verwaltung würden für die Umsetzung mehrere Personen beschäftigt, die anderweitig besser eingesetzt werden könnten, argumentierte er.

Der Entscheid des Nationalrats ist noch nicht definitiv. Die Vorlage geht nun in den Ständerat. 

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