«Peinlich» und «skandalös»
Zoff im Bundeshaus nach VBS-Eklat in Israel

Schweizer Beamte reisen in besetzte israelische Gebiete und wohnen dort Drohnentests bei. Das sei peinlich und skandalös, sagen Aussenpolitiker von SP bis SVP.
Publiziert: 01.11.2017 um 18:52 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 15:44 Uhr
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Pikant: Die Schweiz testet derzeit die Hermes-900-Aufklärungsdrohne auf israelischem Gebiet, das sie selbst nicht anerkennt.
Foto: SIGI TISCHLER
Cinzia Venafro

Ein Eklat erschüttert das VBS – und sorgt für mächtig Zoff unter der Bundeshauskuppel. Was ist passiert? Armasuisse-Mitarbeiter, also Angestellte im Bundesamt für Rüstung, haben an Drohnentests auf den von Israel annektierten Golanhöhen teilgenommen. 

Das Problem: Vertreter der offiziellen Schweiz dürfen kein besetztes israelisches Gebiet besuchen – die Schweiz anerkennt es nicht, nach ihrer Auffassung handelt es sich um syrischen Boden. Die Bundesbeamten des VBS verstiessen also direkt gegen die vom Bundesrat beschlossene und vom Parlament bestätigte Aussenpolitik der Eidgenossenschaft.

VBS habe Brisanz «nicht bemerkt»

Das Departement von SVP-Bundesrat Guy Parmelin (57) flüchtet sich in Ausreden: Zum Zeitpunkt der Tests 2012, 2013 und 2015 (damals noch mit Bundesrat Ueli Maurer als Departementschef) sei nicht erkannt worden, dass die Ortschaft Pik, wo die Drohnen getestet wurden, auf besetztem Gebiet liege. Man habe daher «nicht bemerkt», dass «offizielle Vertreter der Schweiz dieses Gebiet nicht betreten dürfen», heisst es in einer Mitteilung. 

Parmelins Departement spricht von einer «Kommunikationspanne». Übersetzt heisst dies, dass seine Leute sich schlicht nicht mit Vertretern des EDA über die Drohnentests abgesprochen haben. Geschweige denn, ihren Besuch in Isreal anmeldeten. 

«Das ist keine Kommunikationspanne, sondern ein Skandal!», enerviert sich SP-Nationalrat und Aussenpolitiker Carlo Sommaruga (GE, 58). Es sei «unglaublich», wie das VBS sich verhalte. Jeder Parlamentarier, der nach Israel reise, informiere sich zuvor genauestens über die Haltung der Schweizer Aussenpolitik zu dem Gebiet, das er besuche. «Und diese Armasuisse-Leute und das VBS sprechen sich nicht einmal mit dem EDA ab, bevor sie Rüstungsmaterial auf israelischem Boden testen.»

Sommaruga fordert jetzt einen institutionellen Kommunikationskanal, der alle Tätigkeiten im Ausland, die das VBS, die Armee und Armasuisse betreffen, auf seine völkerrechtliche Legitimation prüft. «So etwas darf nie mehr passieren. Das ist mehr als peinlich.»

Büchel: VBS-Beamte sollen künftig «das Hirn einschalten»

Auch beim Präsidenten der Aussenpolitischen Kommission, Roland Rino Büchel (SVP/SG), sorgt der Eklat für Ärger. Er lobt zwar brav seinen eigenen Bundesrat. Parmelin habe «sofort und richtig» reagiert. «Künftig gehe ich aber davon aus, dass seine Beamten erstens das Hirn einschalten und zweitens mit dem EDA reden. So bleiben uns beim nächsten Mal derartige Peinlichkeiten erspart», so der St. Galler.

Für SP-Aussenpolitiker Tim Guldimann (67), einst Botschafter im Iran, ist die Behauptung des VBS, es sei sich der Brisanz der Aktion nicht bewusst gewesen, «naiv und skandalös».

Guldimann kann sich einen Seitenhieb gegen die SVP nicht verkneifen: Schliesslich diene die Neutralität der Rechtspartei stets als «antieuropäisches Sturmgeschütz». Ausgerechnet in der Rüstungspolitik vergesse das von ihr geführte Departement diese Prinzipien.

Zudem zeige die Aktion «die Fragwürdigkeit der Rüstungszusammenarbeit mit Israel, das sich juristisch im Kriegszustand mit anderen Staaten befindet», so Guldimann. «Es geht hier um unsere politische Glaubwürdigkeit in der Region.»

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