Im EU-Dossier spielt der Bundesrat auf Zeit. Statt eines klaren Positionsbezugs zum Rahmenabkommen, das seit Dezember auf dem Tisch liegt, will die Regierung erst einmal die Meinung der anderen wissen. Im März sollen die Konsultationen stattfinden – wie es danach weitergeht, ist offen.
Alt Bundesrat Pascal Couchepin (FDP) kritisiert dieses Vorgehen. Es sei «bedauerlich», dass sich der Bundesrat nicht mit mehr Engagement für das Abkommen einsetze, sagt er in einem Interview mit der Westschweizer Zeitung «Le Temps». «Man muss beginnen zu kämpfen! Es ist jetzt wirklich am Bundesrat, Stellung zu beziehen und vorwärts zu machen!», appelliert Couchepin an die Regierung, deren Mitglied er selbst von 1998 bis 2009 war.
Der Walliser stellt sich hinter das umstrittene Abkommen, auch wenn er es alles andere als perfekt finde. Denn es gebe zwei Alternativen: Gar kein Deal, was zu einem Stillstand bei den Bilateralen führen würde. Oder ein schlechteres Abkommen. «Es ist naiv, Nachverhandlungen zu fordern und zu glauben, dass sich das Gegenüber bei dem bleibt, was es bereits zugesagt hat.»
Gewisse Bundesräte seien «Parteisoldaten»
Als einen der Gründe, weshalb sich der Bundesrat nicht zu einer klaren Stellungnahme durchringen kann, sieht Couchepin das Wahljahr. «Das politische Klima wird immer schlechter, je näher die Wahlen kommen». Zudem kritisiert er, dass bei gewissen Bundesräten Parteipolitik statt die Interessen der Schweiz offensichtlich im Zentrum stünde. «Leider verhalten sich gewisse Mitglieder wie Parteisoldaten», sagt Couchepin.
Es ist nicht das erste Mal, dass Couchepin Kritik an der EU-Politik des Bundesrats übt. Die Regierung habe nicht gerade mit «viel Begeisterung» mit der EU verhandelt, äusserte er sich vor knapp einem Jahr in einem SRF-Interview kritisch. Couchepin selbst ist ein Verfechter des bilateralen Wegs – und würde sogar noch weiter gehen. So hatte er einst mit der Aufforderung, über die Vor- und Nachteile eines EU-Beitritts zu diskutieren, für Schlagzeilen gesorgt. (lha)