Parteiinterner Knatsch – ausgerechnet beim Kernthema Einwanderung
SVP-Duo kehrt Begrenzungs-Initiative den Rücken

Für die beiden SVP-Nationalräte Diana Gutjahr und Thomas Hurter sind die bilateralen Verträge wichtiger als die Reduktion der Zuwanderung.
Publiziert: 18.09.2019 um 17:08 Uhr
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Aktualisiert: 19.09.2019 um 08:43 Uhr
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Foto: KARL-HEINZ HUG
Nico Menzato (Text) und Charly Hug (Fotos)

Es ist eine Ohrfeige für die SVP-Führungsriege um Blocher und Co.: SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr (35) und SVP-Nationalrat Thomas Hurter (55) kehren der SVP-Initiative den Rücken. «Ich werde mich bei der Abstimmung über die Begrenzungs-Initiative am nächsten Mittwoch der Stimme enthalten», sagen die beiden unisono zu BLICK.

Es sind Worte mit Sprengkraft! In einem Monat finden die Wahlen statt. Die SVP ist gemäss Umfragen unter Druck – und versucht mit allen Mitteln, das Thema Zuwanderung geschlossen in die Öffentlichkeit zu tragen.

Nicht geschlossen für SVP-Kernthema

Am Montag hatte sie eine grosse Chance dazu: Über sechs Stunden debattierte der Rat ihre neuerliche Zuwanderungs-Initiative. Diese verlangt explizit die Kündigung der Personenfreizügigkeit mit der EU, falls eine friedliche Ausserkraftsetzung nicht gelingt. Nächsten Mittwoch geht die Redeschlacht weiter – gefolgt von der Abstimmung.

Und dann werden mindestens zwei SVP-Politiker ausscheren und sich von der Initiative abwenden. Sie senden damit auch ein Zeichen an die Wähler – indem sie zeigen, dass die Bundeshausfraktion nicht geschlossen für das so wichtige Kernthema der Volkspartei einsteht.

Gutjahr: «Möchte mit gutem Gefühl in den Spiegel schauen»

«Ich stehe zu meiner Meinung und möchte mit einem guten Gefühl in den Spiegel schauen können – auch vier Wochen vor den Wahlen», sagt die Thurgauerin Gutjahr. Sie habe gegenüber der Initiative «aus wirtschaftspolitischen Überlegungen heraus» Vorbehalte, sei sich auf der anderen Seite aber der steigenden Zuwanderung bewusst. «Die bilateralen Verträge sind für die Schweiz wichtig», so die Unternehmerin. Da aber lediglich sechs von über 120 bilateralen Verträgen gefährdet seien, belasse sie es bei einer Enthaltung.

«Der bilaterale Weg ist der Königsweg», begründet auch der Schaffhauser SVP-Mann Hurter seine Enthaltung. Die Schweiz sei ein stark vernetztes Land, weshalb gute Beziehungen zum Ausland wichtig seien. Als Beispiel nennt der Swiss-Linienpilot das Luftverkehrsabkommen mit der EU, das bei einem Ja zum Begehren womöglich gekündigt werden könnte.

Hurter: «Das würde der Schweiz schaden»

«Dies würde der Schweiz schaden», warnt Hurter. Schliesslich gebe es hierzulande über 10'000 internationale Firmen und Organisationen, und jeder dritte Tourist komme mit dem Freizügigkeitsabkommen in die Schweiz.

Beide betonen, dass sie das Ziel der SVP, die Zuwanderung zu begrenzen, teilen würden. Deshalb würden sie sich auch enthalten – und eben nicht Nein sagen. «Das Mittelland ist eines der am dichtesten besiedelten Gebiete weltweit. Die Schweiz zählt 8,5 Millionen Einwohner. Wir kommen bald an unsere Grenzen», so Hurter.

Einsatz für weniger Zuwanderung

Gutjahr sieht auch die Firmen in der Pflicht, um die Zuwanderung zu reduzieren. «Ausländische Arbeitskräfte, die neu in die Schweiz kommen, sollen eine befristete Aufenthaltsbewilligung erhalten. Dies, damit sie bei Arbeitslosigkeit nicht so einfach in der Schweiz bleiben und vom Sozialsystem profitieren können.»

Weniger Zuwanderung, ja. Aber nicht via Begrenzungs-Initiative und Kündigung der Personenfreizügigkeit. Mit diesem Bekenntnis so kurz vor den Wahlen werden die beiden in der Partei für ordentlichen Wirbel sorgen. Hurter widerspricht: «Auch wenn in der Öffentlichkeit oft ein anderer Eindruck entsteht – man darf in der SVP sehr wohl eine andere Meinung haben.»

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