Parmelins Bundesamt für Landwirtschaft zu wenig unabhängig
Scharfe Kritik an Pestizid-Zulassung

Bevor ein Pestizid in der Schweiz zum Einsatz kommen darf, muss das Produkt ein Zulassungsverfahren bestehen. Ein Bericht kommt jetzt zum Schluss: Dieses Verfahren ist weder unabhängig noch transparent.
Publiziert: 22.11.2019 um 10:39 Uhr
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Aktualisiert: 10.02.2020 um 09:47 Uhr
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Der Bund hat von externen Prüfern das Zulassungsverfahren für Pestizide unter die Lupe nehmen lassen.
Foto: imago

Der Bund muss bei der Zulassung von Pestiziden über die Bücher. Das Zulassungsverfahren sei zu wenig unabhängig und transparent. Das kritisieren externe Prüfer vom Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen KPMG, die die Bewilligungspraxis im Auftrag des Bundes unter die Lupe genommen haben.

Will eine Firma ein neues Pestizid auf den Schweizer Markt bringen, muss das Bundesamt für Landwirtschaft erst grünes Licht geben. Mehrere andere Bundesämter, zum Beispiel das Bundesamt für Umwelt (Bafu), können dabei mitreden. Die Bundesbeamten müssen unter anderem prüfen, welches Risiko für Mensch und Umwelt vom neuen Pflanzenschutzmittel ausgeht.

Von der Beurteilung hängt also viel ab. Doch der Prüfbericht zeigt, dass ganz grundlegende Probleme bestehen. Er listet Stärken und Schwächen des Zulassungsprozesses auf. Die Liste der negativen Punkte fällt dabei doppelt so lange aus wie jene der positiven.

Keine Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit

Es bestünden unter anderem Defizite bei der Effektivität und der Transparenz, so die Prüfer. Der Zulassungsstelle fehle es aufgrund ihrer Zugehörigkeit zum Bundesamt für Landwirtschaft «an formeller Unabhängigkeit», heisst es im Bericht. «Dies wirkt sich negativ auf ihre Glaubwürdigkeit aus.» Das Bundesamt für Umwelt hingegen sei zu wenig in das Zulassungsverfahren involviert.

Weiter schreiben die Prüfer, dass die Transparenz-Ansprüche innerhalb der Behörden und gegenüber der Öffentlichkeit nicht erfüllt würden. «Die heutigen Regelungen erlauben keine angemessene und zeitgerechte Reaktion bei (neuen) Risikoerkenntnissen.»

Die Behörden haben laut Gesetz den Auftrag, die Umwelt und die Gesundheit von Mensch und Tier zu schützen. Es habe sich gezeigt, dass dieser nur erfüllt wird, wenn es darum geht, ein Pestizid neu zuzulassen. Beim Vollzug und dem Monitoring – wenn es also darum geht, die Risikobeurteilung eventuell einmal anzupassen – sei der Schutz «noch nicht ausreichend gegeben».

«Den Preis zahlen wir Menschen»

Das ist starker Tobak. Umweltschutz-Organisationen, die die Zulassungspraxis schon lange kritisieren, sehen sich in dem Bericht bestätigt. «Pestizide sorgen im Wochentakt für Schlagzeilen: Metaboliten im Trinkwasser, hoch belastete Bäche, flächendeckende Rückstände in landwirtschaftlichen Böden. Das zeigt, dass die Zulassung nicht funktioniert», lässt sich Philippe Schenkel von Greenpeace Schweiz in einer gemeinsamen Medienmitteilung mehrerer Organisationen zitieren.

Eva Wyss von WWF Schweiz wirft dem Bundesamt für Landwirtschaft vor, oft einseitig zugunsten der Bauern zu entscheiden. «Den Preis dafür zahlen wir Menschen, die Gift im Trinkwasser erhalten, und die Umwelt, die schleichend vergiftet wird.»

Arbeitsgruppe eingesetzt

Die Umweltorganisationen fordern einen «Systemwechsel». Bei der Prüfung von Pestiziden müsse man viel genauer hinschauen. Es müsse eine unabhängige Zulassungsstelle geschaffen werden. Zudem sollen, geht es nach den Pestizid-Kritikern, die Studien, die einer Zulassung eines Pestizids zugrunde liegen, künftig veröffentlicht werden.

Die Direktoren der zuständigen Departemente teilen mit, den Bericht und dessen Ergebnisse nun genau zu prüfen. Bis im nächsten Frühling soll eine Arbeitsgruppe ein Konzept ausarbeiten, wie das Zulassungsverfahren optimiert werden könne. (lha)

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