Die Departementswechsel werden heute und morgen symbolisch vollzogen, mit den Übergaben der Schlüssel zu den Büros. Formell übernehmen die vier Bundesräte ihre neuen Departemente dann am 1. Januar 2019.
Den Beginn machte VBS-Chef Guy Parmelin (59). Der Waadtländer konnte die Amtsübergabe offenbar kaum erwarten. Zu einem Blumenstrauss für Viola Amherd (56), den er ihr – um Zeit zu sparen – gleich in der Vase überreichte, gab es einen symbolischen Schlüssel und einen Tennisschläger. Fertig war die Zeremonie.
Der Wechsel des SVPlers ist zugleich ein historischer Moment: Erstmals übernimmt eine Frau das VBS mit seinen 12'000 Mitarbeitern und somit «eine grosse Verantwortung», wie Amherd vor den Medien sagte.
Kampfjets schmackhaft machen
Die Walliserin muss sich unverzüglich an die Luftverteidigung machen. Der Bundesrat will für maximal 8 Milliarden Franken neue Kampfjets und neue Boden-Luft-Raketen kaufen. Aber wie? Vorgänger Parmelin hat einen so genannten Planungsbeschluss aufgegleist und die beiden Geschäfte verknüpft.
Parlament und Volk dürften damit nur über den Kostenrahmen abstimmen, nicht aber über den gewählten Kampfjet-Typ. Dieser Plan führte zu heftigem Widerstand. Gut möglich, dass Amherd hier nochmals grundsätzlich über die Bücher geht. Aber erst, wenn sie das Dossier gut kenne, wie sie vor den Medien sagte: «Ich bin keine Frau der Schnellschüsse.»
Rekrutierung und Cybersicherheit
Umgesetzt ist die Armeereform (WEA). Diese hat unter anderem zum Ziel, Teile der Truppe wieder rasch mobilisieren und einsetzen zu können. Innerhalb von zehn Tagen sollen 35'000 Armeeangehörige im Einsatz stehen. Dafür sind jährlich 18'000 Rekruten nötig. Amherd wird die Rekrutierungsprobleme lösen müssen, mit denen die Armee heute kämpft.
Eine weitere Herausforderung für die CVPlerin ist die Cybersicherheit. Wie anfällig die Schweiz ist, zeigte der Cyberangriff auf den Rüstungskonzern Ruag. Als Folge kündigte der heutige Verteidigungsminister Parmelin eine Aufstockung bei der Cyber-Abwehr an. Auch das Parlament sprach sich für einen stärkeren Schutz vor Cyber-Risiken aus.
Wird Keller-Sutter zur neuen SVP-Feindin?
Heute Nachmittag bekommt dann die zweite Neo-Magistratin ihren Schlüssel: Karin Keller-Sutter (54). Sie wird Vorsteherin des Justizdepartements (EJPD). Und wird sich in dieser Funktion wie Vorgängerin Simonetta Sommaruga (58) oft mit der SVP duellieren.
So etwa mit der Begrenzungsinitiative, die eine Kündigung der Personenfreizügigkeit verlangt und 2010 oder 2021 vors Volk kommen wird. Zuvor wird die St. Gallerin bereits Kämpfe für ein verschärftes Waffenrecht führen (gegen die SVP) und gegen die Konzernverantwortungsinitiative (gegen die Linke).
Asylzahlen tief – Verfahren kürzer
Sonst sind im EJPD in den vergangenen Jahren grosse Projekte aufgegleist worden. Nun steht die Umsetzung an. Namentlich die Asylreform mit der Beschleunigung der Asylverfahren steht vor der Bewährungsprobe.
Die Aktienrechtsreform steckt mitten in der parlamentarischen Beratung. Zur Bekämpfung des Terrorismus stehen Anpassungen des Strafrechts sowie umstrittene präventive Massnahmen an. Die Polizei soll Personen ohne Strafverfahren unter Hausarrest stellen dürfen, wenn von ihnen eine terroristische Gefahr ausgehen könnte.
SVP-Bundesrat an Schaltstelle wichtiger EU-Dossiers
Seinen neuen Schhlüssel bekam heute Nachmittag bereits der künftige Wirtschaftsminister Parmelin. Und der Schlüssel ist wirklich ganz neu: Der scheidende Bundesrat Johann Schneider-Ammann (66) liess ihn extra anfertigen – in einem 3D-Drucker. Damit Parmelin nicht vergisst, dass die «Digitalisierung die Wertschöpfungskette fundamental verändern werde», wie Schneider-Ammann seinem Nachfolger mit auf den Weg gab.
Und er mahnte auch an, dass dieses Departement sehr viel «Internationalität» beinhalte – als schelmischen Wink, dass Parmelin seine Fremdsprachenkenntnisse verbessern muss? Dieser liess sich jedenfalls nicht in die Karten blicken. Ob er denn nun einen Englisch-Kurs nehmen werde, wurde er gefragt. «On verra», so der Waadtländer auf Französisch.
Parmelins Englisch ist sogar Thema in den USA
Parmelin muss auch die Verhandlungen über verschiedene Freihandelsabkommen weiterführen. Jenes mit Indonesien hat sein Vorgänger Johann Schneider-Ammann (68) noch zum Abschluss gebracht. Mit Vietnam, Indien und Malaysia sind die Verhandlungen noch im Gang. Vom neuen WBF-Vorsteher erwartet das Parlament, dass auch mit den USA Gespräche in Gang kommen.
Und just dort sind die mangelhaften Englischkenntnisse Parmelins zum Thema geworden. Die «New York Times» berichtete über seine holprige «I Can English Understand»-Aussage.
Zentrale Rolle im EU-Dossier
Mit Parmelin wird sich künftig ausgerechnet ein SVP-Vertreter mit dem EU-Rahmenabkommen abmühen. Denn das Wirtschaftsdepartement WBF ist für die flankierenden Massnahmen zuständig und spielt damit eine Schlüsselrolle in der Europapolitik. Wenn das Rahmenabkommen noch eine Chancen haben soll, muss Parmelin die Sozialpartner ins Boot holen.
Der Ausgang der Auseinandersetzung ist auch für die Forschungszusammenarbeit mit der EU entscheidend. 2020 läuft das gegenwärtige Programm Horizon 2020 aus. Beim Nachfolgeprogramm Horizon Europe droht der Schweiz eine Degradierung. Dieser Bereich ist ebenfalls im WBF angesiedelt.
Zu den weiteren Herausforderungen gehört die Landwirtschaftspolitik – hier kann man vom Weinbauer viel Verständnis und Unterstützung erwarten. Ein Entwurf für die Agrarpolitik ab 2022 (AP22+) ist im Moment in der Vernehmlassung, Parmelin kann das Dossier je nach Rückmeldungen noch beeinflussen.
UVEK wird links
Bleibt das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK). Doris Leuthard (55) übergibt ihre Schlüssel erst morgen an Sommaruga.
Das grosse und sehr bedeutende Departement hat es in sich – etwa im Energiebereich. Sommaruga muss die vom Volk beschlossene Energiestrategie umsetzen – und wohl stärker aufs Gaspedal zu drücken versuchen als es Leuthard tat.
Das grösste Vorhaben im Umweltbereich ist derzeit die Revision des CO2-Gesetzes. Bis 2030 soll der Ausstoss von Treibhausgasen gegenüber 1990 halbiert werden. Die dafür nötige Verteuerung von Benzin und Heizöl wird für die neue Umweltministerin ein hartes Stück politischer Arbeit. Sommaruga wird auch den Rückbau der ersten AKW begleiten.
Tunnel eröffnen – und Startschuss für umstrittenen Bau geben
Zudem soll der Schweizer Strommarkt für Private und KMU liberalisiert werden, wie Leuthard erst kürzlich angekündigt hat. Ob SP-Frau Sommaruga an diesen Plänen festhalten wird, ist alles andere als garantiert.
2020 könnte Sommaruga als neue Verkehrsministerin den Ceneri-Basistunnel einweihen. Sie wird voraussichtlich auch den Spatenstich für den zweiten Gotthard-Strassentunnel führen. Die SP kämpfte vergeblich gegen die zweite Röhre.
Im Uvek sind zudem der Umbau des Poststellennetzes, die Teilprivatisierung von Postfinance, die Einführung des neuen Mobilfunk-Standards 5G oder Dossiers wie selbstfahrende Autos, Internet der Dinge oder Cargo Sous Terrain angesiedelt.
Auch bei der Medienpolitik des Bundes ist das Uvek federführend. Die Diskussion über Inhalt und Umfang des Service public, über das neue Mediengesetz und über Medienförderung ist im Gang. (nmz/awi/sf/SDA)