Parlamentarier über ihre einstigen Lobreden auf den Ex-Raiffeisenchef
Plötzlich ist ihnen Vincenz peinlich

Peinlich berührt oder trotzig: Die Konfrontation mit ihren früheren Lobreden auf Pierin Vincenz lassen Parlamentarier nicht unberührt. Und auch wenn sie auf die Unschuldsvermutung pochen – die meisten zeigen sich schockiert und enttäuscht.
Publiziert: 06.03.2018 um 12:04 Uhr
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Aktualisiert: 21.01.2022 um 09:33 Uhr
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SVP-Nationalrat Thomas de Courten wünscht sich eine interne und externe Aufklärung zu Pierin Vincenz. Aber seinen Artikel im Vincenz-Buch würde er wieder schreiben.
Foto: Peter Gerber
Andrea Willimann

Ein «Dank- und Denkbuch» sollte die 2015 von Raiffeisen herausgegebene Festschrift für Pierin Vincenz (61) sein. Lobreden auf den Banker hielten darin auch Politiker der «Raiffeisen-Fraktion». Was damals als Dank gedacht war, gibt den Autoren heute zu denken.

Peinlich sind die Lobhudeleien vor allem jenen, die Vincenz damals besonders überschwänglich lobten. So peinlich, dass sie sich heute nicht einmal mehr mit dem Buch fotografieren lassen wollen.

«Heiliger der Finanzbranche» – CVP-Bischof über Raiffeisen-Vincenz.

CVP-Ständerat Pirmin Bischof (59) zum Beispiel. «Was die Heiligen für die katholische Kirche bedeuten, ist Pierin Vincenz bis zu einem gewissen Grade für die Schweizer Finanzbranche», schrieb der «Bischof von Solothurn» 2015. Mit einem Augenzwinkern schon damals, wie er sich heute rechtfertigt.

Grundsätzlich sei seine Beurteilung aber die gleiche: «Pierin Vincenz hatte ein gutes Gschpüri. Er sah Ereignisse voraus, die dann auch eintrafen: Zum Beispiel, dass die Schweiz den automatischen Informationsaustausch nicht verhindern kann.»

Unwirsche bis trotzige Reaktionen

Unwirsch bis trotzig reagieren hingegen Bischofs CVP-Kollegen Filippo Lombardi (61) und Stefan Engler (57). Die Ständeräte weigern sich genau wie Bischof, mit dem Buch zu posieren. «Ich stehe zu ihm, solange ihm keine Verfehlung nachgewiesen ist», sagt Engler, der als Bündner die Bergler-Qualitäten von Vincenz weiterhin rühmt.

Lombardi, der im Buch gesteht, dass er sich der Sympathie von Vincenz nicht entziehen konnte, bellt, von BLICK mit seinen salbungsvollen Zeilen konfrontiert, lautstark: «Was soll ich sagen? Ich hatte einen sehr guten menschlichen Eindruck von ihm!»

«Damals konnte ich das unterschreiben»

Andere nehmen die Konfrontation mit ihrem Œuvre – nach etwas Anlauf – leichter. SVP-Ständerat Peter Föhn etwa, der unter dem Titel «Einä vo üüs» geschrieben hatte: «Pierin Vincenz verstand es immer und immer wieder, mit seinem Charme und seinem Können das Beste für Raiffeisen und ihre Zukunft herauszuholen.»

Peter Föhn steht zu seinem Text über Pierin Vincenz, der sehr viel Positives bewirkt habe. Er gibt aber auch zu bedenken: «Er hat ja sicher genügend Lohn gehabt.»
Foto: Peter Gerber

Heute sagt Föhn: «Einä vo üüs ist er immer noch. Aber egal, wer vo üüs ä Seich macht, er muss dafür geradestehen!» Und fügt nachdenklich an: «Er hat ja sicher genügend Lohn gehabt.»

Merklich unwohl ist es dem Zuger FDP-Ständerat Joachim Eder (66) und seinem Urner CVP-Ratskollegen Isidor Baumann (62), als sie im Buch blättern. Eder meint: «Damals konnte ich das unterschreiben.» Doch auch ihm sei einmal mehr klar geworden: «Man sieht nicht in einen Menschen hinein.»

Baumann blickt auf ähnliche Weise zurück: «Er hob sich damals wohltuend ab von den anderen Top-Bankern.» Er weiss aber auch, dass «wir im Paradies wären, wenn alle Top-Geschäftsleute nur reich würden von dem, das sie verdienen».

Wer sachlich schrieb, kann es locker nehmen

Voll und ganz hinter seinem sachlichen Artikel über eine mögliche Zukunft der Genossenschaftsbank Raiffeisen als Aktiengesellschaft steht SVP-Nationalrat Thomas de Courten (51). Er will erst die Untersuchungsergebnisse abwarten.

Bundesrat Johann Schneider-Ammann hatte auch eine Würdigung zu Vincenz verfasst. Er will sich über ihn und die Vorwürfe gegen ihn nicht äussern. Er steht aber zu seinem Artikel, indem er das politische Engagement von Wirtschaftsführern positiv gelobt hatte.
Foto: Keystone

Genauso wie Bundesrat Johann Schneider-Ammann (65). Es sei Sache der Behörden, Klarheit zu schaffen. Der Wirtschaftsminister will sich daher nicht zu Vincenz äussern. In seinem Beitrag im «Dank- und Denkbuch» hatte er positiv hervorgehoben, dass sich Pierin Vincenz zu politischen Fragen geäussert habe. «Dieses Engagement von Wirtschaftsführern in der politischen Debatte war und bleibt notwendig.»

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