Die Meinungsbildung in der direkten Demokratie verlagert sich: Mehr und mehr Bürger diskutieren lieber auf Facebook oder Twitter als am Stammtisch. Strategiedialog21, eine Stiftung, die konstruktive Debatten in der Schweizer Politik fördern will, hat das Phänomen näher betrachtet. Geschäftsführerin Nathaly Bachmann Frozza: «Unsere Analysen zeigen klar, vor allem Junge – die Bürger von morgen – nutzen die sozialen Medien schon stark zur Meinungsbildung.» Darum würden diese Kanäle für die Politik immer wichtiger.
Strategiedialog21 wollte wissen, welche Parlamentsmitglieder in den sozialen Medien besonders gut ankommen – und liess die 246 National- und Ständeräte von Experten bewerten. Als Grundlage diente die Klout-Zahl. Diese wird von der gleichnamigen US-Firma mit einem geheimen Algorithmus ermittelt und zeigt die Reichweiteeiner Person im Internet. Dieser Wert – je höher, desto besser – hängt davon ab, wie viele Nutzer einem folgen und wie oft Beiträge im Web auf ein Echo stossen.
Die Studienverfasser stellten der Klout-Zahl die Anzahl Vorstösse und die Anwesenheitsstatistik gegenüber. Es zeigt sich: Wer fleissig ist und selten fehlt, ist meist auch in den sozialen Medien hoch präsent. Laut Bachmann Frozza könne man daraus schliessen, dass es für Politiker wichtig bleibe, die klassische politische Arbeit zu machen: «Gleichzeitig dürfen sie aber diesozialen Medien nicht vernachlässigen, weil gerade diese zur direkten Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern beitragen.»
Den Draht zur Basis nutzen auch die Klout-Könige. Sie veröffentlichen eigene Vorstösse, kommentieren aktuelle Entwicklungen und – ganz wichtig –reagieren auf Kommentare. Laut Bachmann Frozza sind Jüngere und Bewohner von Städten und der Agglomeration aktiver. Das zeigt sich an der Spitze der Liste. Dort finden sich unter den zehn Besten nur jüngereNationalrätinnen und Nationalräte. So die Stadtberner Grüne Aline Trede (32) und ihr Stadtzürcher Parteikollege Balthasar Glättli (43). Einzig CVP-Mann Stefan Müller-Altermatt (39) vertritt hier die ländliche Schweiz.
Immerhin: Auch ältere Semester kommen in den sozialen Medien prominent vor, wie Platz 11 zeigt: Den hält Christoph Mörgeli (55, SVP, ZH) – der sich über die sozialen Medien allerdings immer mal wieder in die Nesseln setzt.
Jüngstes Beispiel: ein Facebook-Post zur Flüchtlingsdebatte – das ein überladenes Schiff zeigt, dazu der Kommentar: «Die Fachkräfte kommen.»