Im Kampf um eine bezahlbare Stadtwohnung würden Schweizer Mieter aussergewöhnliche Massnahmen ergreifen. (Symbolbild)
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Parlament zeigt sich wenig mieterfreundlich
Gegen Wuchermieten zu klagen, wird schwieriger

Wer gegen eine Wuchermiete klagen will, muss künftig höhere Hürden erfüllen. Gegen zu hohe Anfangsmieten klagen soll nur noch können, wer die Wohnung aus einer Notlage heraus mieten musste.
Publiziert: 07.11.2018 um 17:41 Uhr
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Aktualisiert: 05.12.2018 um 11:20 Uhr
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Bezahlbare Stadtwohnungen sind rar geworden. Manche Vermieter machen sich das zunutze und verlangen deutlich höhere Mieten als üblich.
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Sermîn FakiPolitikchefin

Der Immobilienmarkt ist überhitzt, besonders in Städten übertrifft die Nachfrage das Angebot. So mancher Vermieter schlägt Kapital daraus: Vermietet er eine Liegenschaft an einen neuen Mieter, schlägt er ein paar Hundert Franken drauf. Manchenorts haben die Mieten daher unerträgliche Höhen erreicht – für Familien ist es schwierig geworden, eine bezahlbare Wohnung zu finden.

Doch Mieter können sich wehren: 30 Tage nach Einzug können sie die Miete bei einer Schlichtungsbehörde als missbräuchlich anfechten, wenn sie erfahren, dass der Vermieter den Anfangsmietzins gegenüber dem früheren Mietzins erheblich erhöht hat.

Mieter sollen Notlage beweisen müssen

Geht es nach den Rechtskommissionen von National- und Ständerat, gehört das bald der Vergangenheit ein. Als Zweitkommission hat die ständerätliche Rechtskommission heute einer parlamentarischen Initiative von SVP-Nationalrat Hans Egloff (58) zugestimmt.

Der Präsident des Hauseigentümerbands HEV hatte gefordert, dass die Mieterhöhung allein nicht mehr ausreichend sei für eine Anfechtung. Zudem müsse der Mieter beweisen, dass er wegen einer «persönlichen oder familiären Notlage» zum Vertragsabschluss gezwungen war.

Mieter drohen mit Referendum

Mietervertretern treibt das die Zornesröte ins Gesicht. «Die Verfassung verlangt glasklar den Schutz der Mietenden vor Missbrauch», sagt der grüne Fraktionschef Balthasar Glättli (46). «Aber die Verfassung ist der Immolobby egal. Es zählt nur die Rendite, selbst wenn sie missbräuchlich ist. Dass diese Haltung in der Kommission eine Mehrheit gefunden hat, enttäuscht», so der Präsident des Deutschschweizer Mieterinnen- und Mieterverbands.

Sollten National- und Ständerat daran festhalten, droht er bereits mit dem Referendum. Noch aber gibt er nicht auf. «Wir hoffen natürlich weiterhin, dass das Parlament den Mietfrieden nicht kündigt. Dieser liegt im Interesse der Mieter und der anständigen Vermieter», sagt er.

«Es geht nicht ums Renditebolzen!»

Für HEV-Präsident Egloff ist das «unnötiges Trommelfeuer». «Es geht doch nicht ums Renditebolzen!» Sondern darum, dass nicht jeder einfach so im Nachhinein seine Miete anfechten und damit gegen Treu und Glauben verstossen kann.

Nur: Was genau versteht Egloff unter Notlage? Heisst das, nur wer beweisen kann, dass er und seine drei Kinder sonst auf der Strasse gelandet wären, soll sich gegen Wuchermieten zur Wehr setzen? «Nein», widerspricht der HEV-Präsident. «Der Mieter muss nur nachweisen, dass er zuvor dreimal eine angemessenere Wohnung gesucht, diese aber nicht bekommen hat. «Dann soll er eine überhöhte Miete anfechten können.»

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