Parlament verzichtet auf Geste der Solidarität
Keine Ukraine-Fahne am Bundeshaus

Bei Kriegsausbruch wollte Nationalratspräsidentin Kälin Flagge zeigen. Die Verwaltungsdelegation winkte ab.
Publiziert: 01.05.2022 um 12:03 Uhr
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Aktualisiert: 02.05.2022 um 18:59 Uhr
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Flagge zeigen? Fehlanzeige.
Foto: Thomas Meier
Simon Marti

Die Ukraine-Reise von Nationalratspräsidentin Irène Kälin (35, AG) am Mittwoch war ein Zeichen der Solidarität mit der angegriffenen Nation, zwei Monate nach Beginn des russischen Angriffs. Wie sich jetzt zeigt, war eine erste, bescheidene Geste des Schweizer Parlaments unmittelbar nach Kriegsausbruch noch gescheitert.

Seit Putins Truppen am 24. Februar die Grenzen zum Nachbarland überschritten, ist die Empörung im Westen gross, sind die Farben der Ukraine allgegenwärtig. Eine stattliche Anzahl repräsentativer Gebäude erstrahlte früh in Blau und Gelb, darunter das Gebäude des europäischen Parlaments sowie jenes der EU-Kommission in Brüssel, der Turm auf dem Parlamentshügel im kanadischen Ottawa, aber auch die eher zurückhaltende Fassade des Wohnsitzes von Grossbritanniens Premier in der Londoner Downing Street. Auf Initiative der österreichischen Bundesregierung wurde das Heldentor in Wien mit den Farben der ukrainischen Nationalflagge beleuchtet, die italienische Regierung tat das Gleiche mit dem Kolosseum in Rom.

Ganz anders präsentiert sich das Bundeshaus. Als die Landesregierung in den ersten Stunden und Tagen des Krieges noch um Position und Worte rang, blieb kein Platz für Farbzeichen an offiziellen Gebäuden der Eidgenossenschaft.

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Parlament hatte noch keine Position

Wie mehrere Quellen bestätigen, hatte Kälin kurz nach Kriegsausbruch in der Verwaltungsdelegation des Parlaments sondiert, ob am Bundeshaus eine Flagge der Ukraine gehisst werden könne. Bei Staatsbesuchen oder Visiten aus anderen Parlamenten ist es üblich, dass über dem Haupteingang des Bundeshauses die Fahne des Gastlandes neben dem Schweizerkreuz flattert.

Doch die Verwaltungsdelegation, die sich aus den beiden Ratspräsidenten und jeweils zwei Vizepräsidenten zusammensetzt, winkte ab. Kälins Vorstoss sei zu früh gekommen, wird nun als Erklärung angeführt. Zum Zeitpunkt der Anfrage habe das Parlament noch keine Position zum Krieg bezogen.

Dies geschah schliesslich am 28. Februar, zu Beginn der Frühlingssession, als beide Kammern Russland scharf verurteilten.

An diesem Tag betrat Kälin den Ratssaal in zwei Farben gekleidet: Gelb und Blau.


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