Auf einen Blick
- Jacques Gerber wird Ukraine-Delegierter der Schweiz
- Die Stelle wurde trotz Warnungen ohne öffentliche Ausschreibung besetzt
- Gerber erhält jährlich über 270'000 Franken
Jacques Gerber (51) gehört zu den wenigen Beamten der Bundesverwaltung, die keine Geldsorgen haben. Während andere Stellen sparen müssen, kann Gerber Milliarden ausgeben. Am 1. Januar tritt der Jurassier seine neue Stelle als Ukraine-Delegierter an.
Der Bundesrat will die Ukraine bis zum Jahr 2036 mit fünf Milliarden Franken unterstützen. Die Schweizer Privatwirtschaft soll beim Wiederaufbau in der Ukraine eine zentrale Rolle spielen. Und dafür ist Gerber der richtige Mann, befanden die zuständigen Bundesräte Ignazio Cassis (63, FDP) und Guy Parmelin (64, SVP).
Jahresgehalt 270'000 Franken
Auf Jacques Gerber, Noch-Regierungsrat im Kanton Jura, wartet ein spannendes Dossier – und ein hübsches Salär von mehr als 270'000 Franken pro Jahr. Pikantes Detail: Die Stelle wurde nicht ausgeschrieben. Wie Blick gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz erfuhrt, hatte das Eidgenössische Personalamt, das Finanzministerin Karin Keller-Sutter (60, FDP) untersteht, vergeblich auf eine öffentliche Ausschreibung des lukrativen Postens gedrängt.
«Hinweisen möchte ich Dich darauf, dass die Stelle öffentlich ausgeschrieben werden müsste», schreibt eine Beamtin des Personalamts in einer internen Korrespondenz – und weiter: «Dies ist meines Wissens nicht geschehen.» Die Personalchefs im Aussendepartement und im Wirtschaftsministerium hätten die Bundesräte Cassis und Parmelin auf die Ausschreibung hingewiesen – die aber hätten «anders entschieden». Dieser Aspekt müsse im Antrag an den Bundesrat erwähnt werden.
«Der Bundesrat war informiert»
Gerbers Versuch, einen Sitz im Ständerat zu erobern, war 2023 gescheitert. Wollte Cassis einem Parteifreund helfen, der auf Jobsuche ist? Das EDA lässt wissen: «Die Stelle wurde aufgrund der hohen Dringlichkeit sowie der Tatsache, dass die Stelle befristet ist, per Einladungsverfahren besetzt.» Gerber tritt sein Amt erst im Januar an – und der Beschluss des Bundesrats, das Amt des Ukraine-Delegierten zu schaffen, war bereits im April gefallen. Wäre es in acht Monaten nicht möglich gewesen, die Stelle ordentlich auszuschreiben? «Der Bundesrat war über dieses Vorgehen informiert», betont das EDA. «Gesucht wurde eine Persönlichkeit, die den Wiederaufbau der Ukraine sowohl national wie auch international vertreten und mit einem breiten Spektrum an Stakeholdern Verhandlungen führen kann.»
Doch das ist nicht das einzige Fragezeichen. Der Ukraine-Delegierte hat künftig nicht nur mit der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (Deza) zu tun, sondern auch mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco). Wie Blick vor Weihnachten publik machte, rangeln beide Ämter darum, wer bei der Förderung der Privatwirtschaft im Einzelfall zuständig ist.
Interne Revision fordert Verbesserungen
Der Blick-Artikel rief die interne Revision auf den Plan. Die bescheinigte der Deza mittlerweile weitgehend gute Arbeit, sieht aber auch Handlungsbedarf: «Die punktuellen Verbesserungsvorschläge wurden von der Deza aufgenommen und werden fortlaufend umgesetzt», teilt das EDA nun mit.
Intern sehen das manche anders: «Der Bericht der internen Revision hätte kritischer sein dürfen», sagt eine involvierte Person. «Das Grundproblem von thematischen Überschneidungen im Bereich Privatsektorförderung bleibt.» Offen sei zudem, wie es bei der staatlichen Entwicklungsfinanzierung Sifem weitergehe.
Das EDA bleibt in dieser Frage allgemein: «Die Deza arbeitet kontinuierlich daran, die Koordination mit anderen Bundesstellen der Internationalen Zusammenarbeit zu verbessern. Zu den strategischen Zielen des Bundesrates für die Sifem können wir zum jetzigen Zeitpunkt keine Auskunft geben, diese befinden sich noch in der Erarbeitung.»