Und sie fuhren einfach weiter: Obwohl wegen des Postauto-Bschisses die Köpfe rollten und Verfahren gegen Mitarbeiter der Schweizerischen Post laufen, haben öV-Firmen weiterhin gegen Verkehrsregeln verstossen. Wie das Postauto-Unternehmen haben weitere Verkehrsbetriebe in verschiedenen Teilen der Schweiz zu viele Millionen eingenommen.
Noch ist unklar, wieviel kriminelle Energie dahinter steckt. Doch auch bei Postauto versuchte man vor zwei Jahren am Anfang alles kleinzureden. Und nur dank der Medien flog die gesamte Tragweite der Betrügereien auf: Über 200 Millionen Franken musste der gelbe Riese zurückzahlen. Auch die obersten Chefs sollen mitgemacht haben. Und auch jetzt sind Millionenbeträge erschlichen worden.
Berner sind Wiederholungstäter
Schuldig ist beispielsweise die Berner BLS. Schon wieder! Die Wiederholungstäterin hatte bereits im Frühling 2019 fast 30 Millionen zurückzahlen müssen. Zu deren erneuten Verfehlungen in der Höhe von 43,6 Millionen Franken wird im Verlauf dieses Freitags informiert werden. Die Rede ist von einem Buchhaltungs-Chaos bei der BLS unter der Leitung von Bernard Guillelmon (54).
Zu viel Subventionen bezogen hat auch die SBB. Im Z-Pass, zu dem sich der Zürcher Verkehrsverbund (ZVV), die angrenzenden Tarifverbünde A-Welle (Olten, Solothurn), Ostwind (Ostschweiz), Schwyz und Zug sowie die SBB zusammengeschlossen haben, stimmte die Abrechnung nicht.
Einnahmen für die Jahre 2012 bis 2019 wurden falsch aufgeteilt. Rund 7,4 Millionen Franken hat die SBB zu unrecht eingenommen. Die Einnahmenverteilung in den Tarifverbünden soll nun vereinfacht werden.
BAV hat selbst ein Problem
Bei Firmen, die eigene Anschlussgleise haben, leistet der Bund Finanzhilfen. Laut Bundesamt für Verkehr (BAV) bestehen Anzeichen, dass in den letzten Jahren die Transportmengen in einer BAV-Datenbank nicht korrekt registriert wurden. Ein BAV-Mitarbeiter sei hier zu nachlässig gewesen, bestätigt das Amt unter der Leitung von Peter Füglistaler (60). Der Mitarbeiter ist mittlerweile in Pension.
Das BAV hat die Bundesanwaltschaft eingeschaltet. Diese soll abklären, ob sich der frühere Mitarbeiter strafbar gemacht hat. Der Schaden dürfte hier laut BAV in der Grössenordnung eines tiefen einstelligen Millionenbetrages liegen.
Unbegreiflich sind die Millionenschummeleien vor allem, weil die Verkehrsbetriebe mehrheitlich der öffentlichen Hand gehören. Letztlich bereichern sich Bus- und Bahnunternehmen auf Kosten ihrer Besitzer, der Bürgerinnen und Bürger. Möglich ist das nur, weil vielerorts Politiker und Verwaltungsangestellte und zu wenig Fachleute sitzen.