Ölpalmen sind die besten pflanzlichen Ölproduzenten, ihr Anbau bedroht aber die Regenwälder
Wunderpflanze mit Nebenwirkungen

Die Freihandelsabkommen mit Indonesien und Malaysia lassen auf sich warten. Ein Grund dafür ist das Palmöl. BLICK erklärt, was es damit auf sich hat und worauf Konsumenten achten können.
Publiziert: 09.04.2018 um 23:49 Uhr
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Aktualisiert: 25.09.2018 um 11:23 Uhr
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Das Staatssekretariat für Wirtschaft verhandelt schon seit Jahren über ein Freihandelsabkommen mit Indonesien und Malaysia.
Foto: Keystone
Julien Duc

Seit Jahren verhandelt der Bund mit Indonesien und Malaysia über Freihandelsabkommen. Doch die Verhandlungen laufen zäher als erwartet. Immerhin: Das Abkommen mit Indonesien soll noch diesen Frühling zum Abschluss kommen, glaubt das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco). Die Verhandlungen mit Malaysia dürften sich jedoch noch hinziehen.

Doch selbst wenn es zu Einigungen kommt, brauchen die Abkommen noch den Segen des Parlaments. Und da sieht es seit kurzem schlecht aus. Eine breite Allianz aus 140 Nationalräten hat Vorbehalte gegenüber einem Verhandlungsgegenstand – dem Palmöl. Ende Februar forderten sie, das Öl aus dem Abkommen mit Malaysia zu streichen.

Wunderpflanze Palmöl

Palmöl befindet sich in rund jedem zweiten Alltagsprodukt. Zum Beispiel in Lebensmitteln: in Brotaufstrichen wie Nutella oder Margarine, im Blätterteig und anderem Gebäck, in Süssigkeiten. Doch auch in Hygieneartikeln und Reinigungsmitteln steckt das Öl.

Dank seiner zähflüssigen Konsistenz und dem neutralen Geschmack eignet es sich besonders gut für die Verarbeitung. Und es ist ergiebig: Die Ölpalme bringt den mit Abstand grössten Ertrag aller Ölpflanzen. Mehrmals im Jahr kann geerntet werden. All das macht Palmöl viel günstiger als etwa Raps- oder Sonnenblumenöl.

Umweltkatastrophe: In Malaysia und Indonesien werden grosse Regenwaldflächen für den Anbau von Palmöl-Monokulturen gerodet.
Foto: RONY MUHARRMAN

Die Krux ist aber nicht das Palmöl selbst, sondern dessen Anbau. Denn dafür müssen in Indonesien und Malaysia – den beiden Marktführern mit etwa 85 Prozent der Weltproduktion – grosse Regenwaldflächen weichen. Durch die oft illegale Rodung verlieren viele Tiere ihren Lebensraum – etwa die Orang-Utans auf Borneo, einer südostasiatischen Insel.

Ausserdem werden Torfböden trockengelegt, was enorme Mengen an klimaschädlichem CO2 freisetzt. Und auf vielen Plantagen herrschen miserable Arbeitsbedingungen. Nebenwirkungen, die sowohl Umweltschützer, aber auch Schweizer Bauernvertreter nicht akzeptieren wollen.

RSPO ist ein «Etikettenschwindel»

Die grosse Mehrheit des weltweit gehandelten Palmöls ist nicht zertifiziert, also nicht nachhaltig produziert. Der WWF wollte dies mit dem 2004 initiierten runden Tisch für nachhaltiges Palmöl (RSPO) ändern. Die Teilnehmer verpflichten sich freiwillig zur Einhaltung von Mindeststandards.

WWF-Sprecherin Corina Gyssler.
Foto: Zvg

Doch RSPO sei ein «Etikettenschwindel», kritisiert Yves Zenger (48) von Greenpeace. «Die Richtlinien sind zu schwach.» Sie liessen die Zerstörung von Torfmooren und Wäldern sowie den Einsatz von hochgiftigen Pestiziden zu. «Dazu fehlen weitestgehend unabhängige und seriöse Kontrollmechanismen.»

WWF-Sprecherin Corina Gyssler (57) will das nicht schönreden: RSPO sei kein Allheilmittel, aber Teil der Lösung. Sie gibt zu, dass auch der WWF sich strengere Gesetze wünscht.

Solch ein Label könnte POIG (Palm Oil Innovation Group) werden. Die 2013 gegründete Gruppe baut zwar auf den RSPO-Strukturen auf, geht aber deutlich darüber hinaus.

Europas Nachfrage nach zertifiziertem Palmöl

Der WWF findet es zu kurzsichtig, Palmöl einfach aus den Freihandelsabkommen auszunehmen. Denn dort wäre es möglich, Bedingungen für einen ökologischen und sozial vertretbaren Anbau zu verankern.

Und besonders in Europa sei die Nachfrage nach umweltverträglich produziertem Palmöl hoch, sagt Gyssler. «Lässt die Nachfrage nach verschärften Anforderungen nach, hätten die Anbauländer weniger Anreize, um diesen zu verbessern.»

Markus Schlagenhof vom Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco).
Foto: Zvg

So sieht es auch Markus Schlagenhof (52), Delegierter des Bundesrates für Handelsverträge. «Mit den Abkommen schaffen wir eine Plattform, um über ökologische und soziale Aspekte in der Palmölproduktion zu diskutieren.» Die Schweiz könne hierzu in den Verhandlungen zwar keine zwingenden Verpflichtungen einbauen, aber auf die Einhaltung internationaler Richtlinien pochen.

Mit Abkommen Anreize schaffen

Die Schweiz ist mit einem Selbstversorgungsgrad von 25 Prozent auf den Import von Ölen angewiesen. Der Palmöl-Anteil der Importe beträgt jedoch nur 15 Prozent. Anlass zur Befürchtung, dass die Schweiz plötzlich mit Palmöl überflutet werde, gebe es laut Schlagenhof also keinen.

Vielmehr schaffe man in Indonesien und Malaysia Anreize, auch wirklich umwelt- und sozialverträglich zu produzieren, so die Hoffnung des Verhandlungschefs. Ob dieses Kalkül das Parlament überzeugt, zeigt sich, wenn die fertigen Abkommen auf dem Tisch liegen.

Labels bieten keine Garantie für Nachhaltigkeit

Die Detailhändler Migros und Coop sowie Schoggi-Produzent Lindt & Sprüngli erhielten 2016 vom WWF Bestnoten. Die drei Unternehmen setzen sich vorbildlich für den Gebrauch von Palmöl aus nachhaltiger Produktion ein. Dabei orientieren sie sich an den Standards des runden Tisches für nachhaltiges Palmöl (RSPO), den der WWF 2004 mitinitiiert hat.

Coop erklärt, bei den Nahrungsmittel-Eigenmarken zu 95 Prozent auf nachhaltig produziertes Palmöl zu setzen. Die Migros versichert, dass ihre Palmöl-Lieferanten neben der RSPO-Zertifizierung weitergehende Standards erfüllen müssen. Beide sprechen sich dennoch für verschärfte Richtlinien aus. Laut Greenpeace-Sprecher Yves Zenger können sie dennoch nicht vollends überzeugen. «Auch Migros und Coop haben es trotz Bemühungen über die Jahre nicht geschafft, aus RSPO ein robustes Label zu machen, welchem die Konsumenten vertrauen können.»

Kein Label könne derzeit hundertprozentig Nachhaltigkeit garantieren. Einen konsumentenfreundlichen «Palmöl frei»-Stempel gibt es in der Schweiz nicht. Wollen Konsumenten wissen, wo überall Palmöl drin ist, müssen sie das Kleingedruckte lesen. Seit 2016 muss dieses auf Lebensmitteln deklariert werden.

Abhilfe schafft auch die App Codecheck (www.codecheck.info). Dort lassen sich  Produktinformationen einsehen. Wer auf Palmöl verzichten will, dem empfehlen WWF und Greenpeace, Fertigprodukte zu meiden und möglichst frische und unverarbeitete Lebensmittel sowie biologisch produzierte Naturkosmetik zu kaufen.

Die Detailhändler Migros und Coop sowie Schoggi-Produzent Lindt & Sprüngli erhielten 2016 vom WWF Bestnoten. Die drei Unternehmen setzen sich vorbildlich für den Gebrauch von Palmöl aus nachhaltiger Produktion ein. Dabei orientieren sie sich an den Standards des runden Tisches für nachhaltiges Palmöl (RSPO), den der WWF 2004 mitinitiiert hat.

Coop erklärt, bei den Nahrungsmittel-Eigenmarken zu 95 Prozent auf nachhaltig produziertes Palmöl zu setzen. Die Migros versichert, dass ihre Palmöl-Lieferanten neben der RSPO-Zertifizierung weitergehende Standards erfüllen müssen. Beide sprechen sich dennoch für verschärfte Richtlinien aus. Laut Greenpeace-Sprecher Yves Zenger können sie dennoch nicht vollends überzeugen. «Auch Migros und Coop haben es trotz Bemühungen über die Jahre nicht geschafft, aus RSPO ein robustes Label zu machen, welchem die Konsumenten vertrauen können.»

Kein Label könne derzeit hundertprozentig Nachhaltigkeit garantieren. Einen konsumentenfreundlichen «Palmöl frei»-Stempel gibt es in der Schweiz nicht. Wollen Konsumenten wissen, wo überall Palmöl drin ist, müssen sie das Kleingedruckte lesen. Seit 2016 muss dieses auf Lebensmitteln deklariert werden.

Abhilfe schafft auch die App Codecheck (www.codecheck.info). Dort lassen sich  Produktinformationen einsehen. Wer auf Palmöl verzichten will, dem empfehlen WWF und Greenpeace, Fertigprodukte zu meiden und möglichst frische und unverarbeitete Lebensmittel sowie biologisch produzierte Naturkosmetik zu kaufen.

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