Öko-Partei laviert bei Bundesratsfrage – Konkurrenz genervt
Grüne müssen endlich Farbe bekennen

In einem Monat ist Bundesratswahl. Noch nie waren die Grünen so nahe dran, einen Sitz in der Landesregierung zu ergattern. Doch sie machen keine Anstalten, das Ding nach Hause zu schaukeln.
Publiziert: 13.11.2019 um 23:32 Uhr
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Die Grünen und ihre Parteichefin Regula Rytz (M.) verharren im Freudentaumel.
Foto: AFP
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Pascal TischhauserStv. Politikchef

In Bundesbern herrscht Kopfschütteln. «Wir sind sehr erstaunt», heisst es aus der CVP-Leitung. Die Grünen stünden so nahe am Aufstieg in die oberste Liga der Bundesratsparteien wie noch nie – und dächten aber nicht daran, endlich in den Angriffsmodus zu wechseln.

«Das ist das Habeck-Syndrom», tönt es vonseiten der SP. Wie der deutsche Grünen-Politiker Robert Habeck (50) sonne man sich im Erfolg. «Unsere Grünen feiern noch immer den Sieg vom 20. Oktober – wie Habeck wollen sie sich aber nicht die Hände dreckig machen.»

Dann ist am 11. Dezember einiges möglich

Dabei muss die Ökopartei in die Hosen steigen, wenn sie einen Bundesratssitz haben will. Doch die anderen Parteien warten vergebens auf das Signal der Grünen, mit wem sie in die oberste Liga aufsteigen möchten.

Einzig GLP-Präsident Jürg Grossen (50) kann ein wenig nachvollziehen, dass die andere grosse Gewinnerin der Parlamentswahlen feiert und nicht die FDP fordert: Es ist eine Ausnahmesituation für die Grünen. «Ich erwarte aber dennoch, dass uns die Partei ab kommender Woche signalisiert, ob und mit wem sie im Dezember antritt.»

Keinerlei Verständnis hat er hingegen für die Haltung der Freisinnigen: «Wenn die FDP dabei bleibt, ihre beiden Bundesratssitze für die nächsten acht Jahre zu zementieren, ist das für uns nicht akzeptabel.»

Die GLP habe mit der FDP Gespräche vereinbart. Zeichne sich dabei kein Weg ab, wie den neuen Mehrheitsverhältnissen im Parlament Rechnung getragen werde, «ist am 11. Dezember einiges möglich».

Die GLP habe zehn neue Leute in der Fraktion, die sicher einen Bundesrat wollten, der beim Klimaschutz mehr vorwärtsmacht. «In der neuen Fraktion werden wir die Bundesrats-Zusammensetzung auch vor diesem Hintergrund diskutieren.»

Gössi mit immer neuen Argumenten

Derweil ist die Grünen-Spitze kommunikativ inexistent. Sie lässt unkommentiert, dass FDP-Chefin Petra Gössi (43) alle zwei Wochen neue Argumente erfindet, weshalb den Grünen der Bundesratssitz verwehrt werden soll. Erst sagte sie, die Ökopartei müsse ihren Erfolg in vier Jahren bestätigen. Neu meint Gössi, man könne doch nicht mit Bundesrat Ignazio Cassis (58) einen Tessiner angreifen. Als Minderheit müsse die italienische Schweiz in der Regierung vertreten sein.

In der Grünen-Spitze findet man zwar, Gössi vergesse, dass es der FDP egal gewesen sei, ob jemand aus dem Südkanton oder aus der Romandie gewählt würde. Hätte sie nur einen Tessiner gewollt, hätte die Partei neben ihm nicht die Westschweizer Isabelle Moret (48) und Pierre Maudet (41) vorschlagen können. Öffentlich lässt man die FDP aber gewähren.

Grüne lassen den Ball liegen

Für SP-Chef Christian Levrat (49) ist es keine Frage, dass SVP und die FDP mit zusammen vier Sitzen übervertreten sind in der Regierung – bei gut 40 Prozent der Wählerstimmen. «Der logischste Weg ist, dass die Freisinnigen einen Sitz abtreten», folgerte Levrat im BLICK-Interview – um anzufügen, dass der Ball nun bei den Grünen liege.

Dort liegt er aus Gössis Sicht nicht so schlecht, solange die Grünen weiterhin in ihrer Platzhälfte jubeln und sich mit der Aussicht begnügen, fast einen Bundesrat zu haben.

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