Der Kampf der 2300-Einwohner-Gemeinde im Aargauer Freiamt gegen die Aufnahme von zehn Asylbewerbern sorgte über die Landesgrenzen hinaus für Schlagzeilen. Für 290’000 Franken hatte Gemeindepräsident Andreas Glarner (54) sein Dorf vom Asylkontingent freikaufen wollen. Doch in der Bevölkerung regte sich massiver Widerstand. Ende Jahr einigte man sich schliesslich darauf, zumindest einen Teil der zugewiesenen Asylsuchenden in Oberwil-Lieli aufzunehmen.
Und nun ist es so weit: Nächste Woche zieht eine vorläufig aufgenommene Familie aus Syrien in eine Wohnung auf dem Schulhausareal von Oberwil-Lieli. Man heisse das Ehepaar und die beiden Töchter bereits jetzt «herzlich willkommen», heisst es im Mitteilungsblatt der Gemeinde. Gleichzeitig gibt Glarner noch vor dem Einzug der Familie den Tarif durch. Er droht: «Wenn sie sich nicht benehmen, sind sie schnell wieder weg!»
«Riesige Welle der Solidarität»
Dem SVP-Asylchef scheint gar nicht ins Konzept zu passen, wie viel Solidarität die Bürger seiner Gemeinde der Familie bereits jetzt entgegenbringen. So ist im Gemeindeblatt von einer «riesigen Welle der Solidarität» die Rede. Zahlreiche Freiwillige hätten sich auf einen Aufruf der Gemeinde hin gemeldet und möchten die Familie im Alltag unterstützen. Man sei zudem eingedeckt worden «mit einer riesigen Palette an Angeboten» von gebrauchten Möbeln, Geschirr und Kleidern für die Familie. Glarner räumt ein: «Damit könnten wir gleich mehrere Häuser ausstatten.»
Die IG Solidarität, die sich dagegen gewehrt hatte, dass sich Oberwil-Lieli von Asylsuchenden freikauft, freut dies besonders. «Das zeigt, dass es in unserem Dorf nicht nur Asylgegner, sondern auch sehr viele Leute gibt, die Hilfe leisten wollen», sagt IG-Mitglied Martin Uebelhart.
Ihr Gemeindepräsident habe das Dorf «europaweit in Verruf gebracht und tief gespalten». Mit der Aufnahme einer Familie, zu der sich die Gemeinde schliesslich doch noch durchrang, betreibe Glarner nun «Schadensbegrenzung». Doch das ist für Uebelhart zweitrangig: «Hauptsache, Oberwil-Lieli nimmt Menschen auf. Damit haben wir gewonnen, obwohl wir die Abstimmung damals knapp verloren.»