Oberste Gesundheitsdirektorin Heidi Hanselmann warnt
«Bundesrat darf nicht leichtfertig vorpreschen»

Die kantonalen Gesundheitsdirektoren befürchten, dass der Bundesrat die Massnahmen gegen das Coronavirus zu rasch lockern will. So drohe der Schweiz eine zweite Infektionswelle, warnt Präsidentin Heidi Hanselmann.
Publiziert: 29.04.2020 um 09:36 Uhr
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Aktualisiert: 29.04.2020 um 15:17 Uhr
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Die Gartenbeizer dürfen hoffen. Sie könnten plötzlich deutlich früher öffnen als bisher befürchtet.
Foto: Keystone
Daniel Ballmer

Die St. Galler SP-Regierungsrätin Heidi Hanselmann (59) ist besorgt. «Wir sollten nun nicht leichtfertig preisgeben, was wir über Wochen mit schmerzhaften Einschränkungen erfolgreich aufgebaut haben», sagt die Präsidentin der kantonalen Gesundheitsdirektoren (GDK). Schon heute Mittwoch wird der Bundesrat über eine schnellere Lockerung des Corona-Lockdowns diskutieren als bisher geplant. Das zeigen BLICK-Recherchen.

In den Kantonen wird das mit Skepsis verfolgt. Die GDK unterstütze die bisherige Lockerungsstrategie des Bundesrats mit den drei vorgezeichneten Etappen und den gesetzten Prioritäten, so Hanselmann.

Am 17. April hatte der Bundesrat seine bisherigen Lockerungspläne präsentiert: So durften bereits diesen Montag Coiffeure, Gartencenter und Baumärkte öffnen. Ab dem 11. Mai soll dann in den Primarschulen wieder unterrichtet werden. Ebenfalls ab Mitte Mai wollte Gesundheitsminister Alain Berset (48) den kompletten Detailhandel wieder freigeben. Restaurants und Beizen dagegen sollten sich mindestens bis Sommer gedulden.

Expertenmeinungen werden ignoriert

Nun könnte es plötzlich rascher gehen. «Mit grosser Sorge nehmen wir Bestrebungen zur Kenntnis, die diese Öffnung nun unabhängig von epidemiologischen Einschätzungen in viel schnellerem Tempo vorantreiben möchten», sagt Hanselmann. Offensichtlich sehe sich der Bundesrat plötzlich zu rascherem Handeln gedrängt: «Der Öffnungsdruck einzelner Branchen nimmt manchmal eine Eigendynamik an.»

Dagegen wehren sich nun die kantonalen Gesundheitsdirektoren. «Wir sollten nicht zu viele Lockerungen auf einmal umsetzen. Schulen und Verkaufsläden – zusammen mit der Erhöhung der ÖV-Kapazitäten – sind schon ein ausreichend grosser Brocken», findet GDK-Präsidentin Hanselmann.

Angst vor einer zweiten Welle

Natürlich könnten auch die Kantone den wirtschaftlichen Druck für möglichst rasche Lockerungen der Corona-Massnahmen nachvollziehen. Immerhin verliere die Schweiz jeden Tag eine halbe Milliarde Franken. Es drohten immer mehr Arbeitslose, wie FDP-Bundesrat Ignazio Cassis (59) im Interview mit BLICK ausführte. Die Gesundheitskrise wandle sich immer mehr zur riesigen Wirtschaftskrise.

Das ist auch den Gesundheitsdirektoren bewusst. Das wirtschaftliche Interesse hinter dem Öffnungsdruck sei zwar gut nachvollziehbar und verständlich. «Hingegen überwiegen aus Gesundheitssicht die Risiken für ein erneutes Ansteigen der Infektionen und einer zweiten Welle», gibt Hanselmann zu bedenken. «Der nachmalige Preis für ein überhastetes Vorgehen dürfte dann weit schwerer wiegen.»

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Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.

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