Das Volks-Ja zur SVP-Masseneinwanderungs-Initiative von 2014 hat das Parlament mit einem Inländervorrang light umgesetzt. Konkret: Mit einer Stellenmeldepflicht. Seit Juli 2018 müssen Unternehmen offene Stellen in Berufsarten mit Arbeitslosigkeit von mindestens acht Prozent den Regionalen Arbeitsvermittlungszentren (RAV) vorab melden.
Nun zieht das Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) eine erste Bilanz. Seco-Direktor Boris Zürcher (55) zeigt sich zufrieden. «Die Anzahl gemeldeter Stellen hat unmittelbar nach Inkrafttreten der Stellenmeldepflicht markant zugenommen und sich seither auf einem hohen Niveau stabilisiert.»
Insgesamt sind rund 200'000 meldepflichtige Stellen bei den RAV eingegangen. Das liege deutlich über den im Vorfeld gemachten Prognosen. Doch auch viele Jobs in Berufsgruppen mit tiefer Arbeitslosigkeit werden gemeldet – freiwillig quasi. Dies zeige, dass die Massnahme auch bei den Arbeitgebern auf grosse Akzeptanz stosse, so Zürcher.
4800 Jobs vermittelt
Auch die RAV machen ihren Job: Im Jahr eins nach der Einführung übermittelten sie bei 55 Prozent der gemeldeten Stellen mindestens ein Dossier einer arbeitslosen Person. Insgesamt wurden den Arbeitgebern auf diesem Weg rund 195'000 Dossiers von Stellensuchenden vorgeschlagen.
In 8 Prozent dieser Fälle wurde auch tatsächlich ein beim RAV gemeldeter Arbeitsloser angestellt. Rund 4800 Stellensuchende hätten so dank der aktiven Vermittlung der RAV eine Stelle gefunden, urteilt das Seco. Doch es ist offen, ob die 4800 Personen nicht auch ohne Stellenmeldepflicht via RAV einen neuen Job gefunden hätten.
Auffällig ist jedoch: Viele Arbeitslose hoffen einfach auf eine Vermittlung durch das RAV – und ergreifen nicht selbst die Initiative. Sie haben zwar exklusiven Zugriff auf das Jobportal arbeit.swiss, wo alle meldepflichtigen Stellen fünf Tage früher aufgeschaltet werden müssen als auf den anderen Jobportalen. Doch viele nutzen das Portal gar nicht.
Arbeitslose zu wenig IT-affin?
Nur gerade 28 Prozent der Arbeitslosen haben ein persönliches Login. Fast drei Viertel der Arbeitslosen versuchen also nicht aktiv, vom fünftägigen Informationsvorsprung zu profitieren. «Dieser relativ tiefe Wert hat bei uns höchste Aufmerksamkeit», sagt Seco-Chef Zürcher. Doch bevor Zwangsmassnahmen diskutiert würden, wolle man das Angebot weiter verbessern und die Dienstleistung noch attraktiver gestalten.
Zürcher gibt zu bedenken, dass viele Arbeitslose aus Branchen wie Gastro und Hotellerie «nicht so IT-affin» seien. «Am Anfang war die Login-Prozedur zu kompliziert», ist Zürcher selbstkritisch. Mittlerweile sei sie aber stark vereinfacht worden. Nächstes Jahr wolle man zudem technische Vereinfachungen erarbeiten.
Studie muss Wirksamkeit zeigen
Zu den entscheidenden Fragen konnte das Seco noch keine Aussagen machen – namentlich ob der Inländervorrang sich tatsächlich dämpfend auf die Zuwanderung und die Arbeitslosigkeit auswirkt und ob das inländische Arbeitskräftepotenzial wirklich besser ausgeschöpft wird. Darüber soll in etwa einem Jahr eine umfassende Studie Auskunft geben.