Nur ein Bundesrats-Kandidat hat nicht Recht studiert
Wieder schlägt die Stunde der Juristen

Eine Mehrheit der Bundesratskandidaten hat Recht studiert. Einer von ihnen ist der Genfer Pierre Maudet. Er gibt zu bedenken: «Zu viele Juristen im Bundesrat können problematisch sein.»
Publiziert: 08.08.2017 um 12:07 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2018 um 16:09 Uhr
Alles Anwälte: Die Westschweizer Bundesratskandidaten Isabelle Moret, Jacqueline de Quattro und Pierre Maudet.
Foto: SRF/Oscar Alessio
Lea Hartmann

Vom Jus-Studenten zum Politiker: Die Lebensläufe der Bundesratskandidaten, die sich derzeit den Sitz des abtretenden FDP-Magistraten Didier Burkhalter streitig machen, ähneln sich auffällig. Drei von vier Anwärtern  – die Waadtländerinnen Isabelle Moret und Jacqueline de Quattro sowie der Genfer Pierre Maudet – haben Recht studiert, beide Frauen haben zudem das Anwaltspatent in der Tasche. Nur der Tessiner Ignazio Cassis fällt mit seinem Medizinstudium aus dem Rahmen.

Bundesrats-Favoriten Ignazio Cassis (TI) und Isabelle Moret (VD).
Foto: KEY

Dasselbe Bild zeigt sich, wenn man einen Blick auf das Kandidatenfeld der CVP wirft, das sich nach der Rücktritts-Ankündigung von Bundesrätin Doris Leuthard am Formieren ist. Pirmin Bischof, Viola Amherd, Stefan Engler, Guillaume Barrazone: allesamt Anwälte!

Die Waadtländer Regierungsrätin Jacqueline de Quattro war früher Mitinhaberin einer Kanzlei in Lausanne.
Foto: Keystone

«Beruf lässt sich gut mit Politik vereinbaren»

Ein Zufall? Keineswegs, glaubt Staatsrat Pierre Maudet, der bereits Genfer Gemeinderat war, als er das Jus-Studium in Freiburg aufnahm. «In einem Jus-Studium lernt man, politische Strukturen und die Mechanismen von Gesetzen zu verstehen.» Dass dabei bei einigen Studenten das Interesse geweckt wird, selbst Gesetze zu erarbeiten, sei logisch. «Der Beruf des Anwalts ist zudem ein Beruf, den man meiner Meinung nach gut mit einem politischen Amt vereinbaren kann, weil man zeitlich relativ flexibel ist», sagt Maudet.

Der 39-jährige Politiker glaubt, dass ihm das Rechts-Studium geholfen hat, die Gesellschaft besser zu verstehen. Er gibt aber auch zu bedenken: «Zu viele reine Juristen im Bundesrat, ja in der Politik allgemein können problematisch sein.» So würden auch im Genfer Wirtschafts- und Sicherheitsdepartement, das Maudet führt, viele Juristen arbeiten. «Zugegeben: Das ist manchmal etwas mühsam. Besonders, wenn sie das Recht als Ziel statt als Instrument sehen.»

Die Rechtswissenschaftler seien oft «in ihrer eigenen Welt etwas gefangen, sprechen eine eigene Sprache», ist Maudet überzeugt. «Ich sage ihnen immer wieder: ‹Öffnen Sie Ihre Türen und Fenster, seien Sie nicht in einer rein juristischen Weltanschauung gefangen!›»

Bundesrat war schon von Juristen dominiert

Derzeit vertritt im Bundesrat einzig CVP-Magistratin Doris Leuthard die Juristen-Gilde. Sie hat das Anwaltspatent und war vor ihrer politischen Karriere Partnerin in einem Anwaltsbüro. Keinen Hochschulabschluss haben nur die SVP-Vertreter Ueli Maurer, der das KV und später ein Buchhalterdiplom machte, sowie Guy Parmelin, der Bauer und Winzer lernte.

Ganz anders sah es noch vor einigen Jahren aus: Von 2000 bis 2007 sassen gleichzeitig vier Politiker mit Jus-Hintergrund im Bundesrat, in den Jahren 2006 und 2007 sogar fünf – drei davon mit Anwaltspatent.

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