Nun bibbert die Luzerner CVP um ihre Sitze
Muss für Grabers Nachfolge ein Bisheriger auf zwei Listen?

Am Mittwochabend überraschte der Luzerner Konrad Graber, der als einflussreicher CVP-Ständerat wiederholt als Bundesratskandidat gehandelt wurde, mit seiner Rücktrittsankündigung. Grabers Entscheid bringt seine Partei in die Defensive.
Publiziert: 30.08.2018 um 18:10 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 21:32 Uhr
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Der Luzerner CVP-Ständerat Konrad Graber tritt per Ende Legislatur 2019 aus der kleinen Kammer zurück.
Foto: Keystone
Andrea Willimann

Für viele hallt der Knall vom Mittwochabend in Sursee LU noch nach: Der Luzerner CVP-Ständerat Konrad Graber (60) überrascht mit seiner Rücktrittsankündigung an der Delegiertenversammlung der Kantonalpartei. Damit verabschiedet sich ein Bundesrats-Papabile und Schwergewicht im Ständerat von der nationalen Politik. Sogar die Parteileitung hat er erst kurzfristig informiert. 

Am Tag danach wird national spekuliert, was Grabers Entscheid für die nächsten Bundesratswahlen bedeutet, wenn Doris Leuthard (55) zurücktritt. Mindestens so interessant ist jedoch, was im Kanton Luzern passiert. Dort herrscht seit just einem Jahr, dem 30. August 2017, politische Unruhe. Damals wurde bekannt, dass der Kanton Luzern aufgrund der Bevölkerungsentwicklung einen Sitz im Nationalrat verliert.

Luzerner CVP muss um ihre Sitze bangen

Die CVP bibbert seither um ihre drei Sitze, die sie neben der SVP (3), FDP (2), SP (1) und den Grünen (1) besitzt. Die Partei verlor bei den Wahlen 2015 fast jede zehnte Stimme, und die neu gewählte Andrea Gmür-Schönenberger (54) konnte den Sitz des früheren Nationalratspräsidenten Ruedi Lustenberger (68) nur knapp verteidigen. So waren alle froh, dass der Ständeratssitz von Graber auch nach 2019 als sicher galt. Trotz Kritik an seinem Verhalten bei der Lohngleichstellungsdebatte 2017, als er viele Frauen vor den Kopf stiess.

Graber selber findet, dass es gut für die Partei sei, wenn es jetzt Bewegung gebe. Doch das sehen nicht alle so. Denn erstens könnten nun bisherige Nationalräte anderer Parteien auf den CVP-Stöckli-Sitz aspirieren, so der Nationalrat und frühere SVP-Kantonalpräsident Franz Grüter (55) oder die SP-Nationalrätin und Konsumentenschützerin Prisca Birrer-Heimo (59).

Zweitens könnte sich die CVP gezwungen sehen, bei den Ständeratswahlen auf bisherige Nationalräte zu setzen, um genügend Stimmen für den dritten Nationalratssitz zu erhalten. Einer aus ihren Reihen könnte sowohl für den Ständerat wie auch für den Nationalrat kandidieren und damit von der doppelten Aufmerksamkeit profitieren. Gelingt ihm der Einzug in den Ständerat, könnte der oder die Viertplatzierte bei den Nationalratswahlen nachrutschen – und die CVP würde ihre drei Sitze im Nationalrat halten. 

SVP-Nationalrat Yvette Estermann machte es 2015 vor

Die Luzerner Gesetze erlauben solche Doppelkandidaturen. SVP-Nationalrätin Yvette Estermann (51) hat diesen Weg zum Beispiel 2015 gewählt. Einen Ständeratssitz konnte sie der FDP und der CVP zwar nicht wie gewünscht abjagen, aber sie machte das beste Resultat der SVP und das zweitbeste aller Luzerner Nationalräte. FDP-Jungpolitiker Damian Müller (33) hingegen setzte als komplett Neuer nur auf den Ständerat und verteidigte den FDP-Sitz.

Für eine Doppelkandidatur in Frage kommen die Nationalräte Leo Müller (60) und Andrea Gmür. Beide hüllen sich noch in Schweigen. Bern soll es aber auf jeden Fall wieder sein. Ida Glanzmann (59) stellt klar, dass sie zwar nochmals kandidiert, aber nicht für den Ständerat. «Ich bin wie Konrad Graber der Meinung, dass ein Ständerat mindestens zwei Legislaturen machen muss, um die aktuellen Dossiers mitzugestalten. Mit 67 sehe ich mich aber nicht mehr in Bern.» Glanzmann hätte dann zudem 17 Amtsjahre – eines mehr, als die stille Regel der Luzerner CVP ihren Parlamentariern erlaubt.

Oder kommt nun doch CVP-Regierungsrat Guido Graf?

Einen Bisherigen-Status könnte auch der Luzerner CVP-Regierungsrat Guido Graf (60) in die Waagschale werfen. Ihm wird Interesse an einer Ständeratskandidatur nachgesagt, obwohl auch er sich in der Altersklasse von Graber bewegt. Mitte August sagte er in der «Luzerner Zeitung»: «Diese Frage stellt sich nicht, weil es keine Vakanz gibt.» Nach Grabers Ankündigung meint er nun, sein nächstes politisches Ziel sei die Wahl als Regierungsrat. 

Die Parteileitung wägt ab

CVP-Kantonalchef Christian Ineichen (45) lässt alle Varianten offen. Klar ist für ihn einzig, dass die CVP als stärkste Luzerner Partei an ihrem Sitzanspruch festhält. Er lässt aber durchblicken, dass es für die CVP auch attraktiv sein könnte, mit zehn Kandidaten anzutreten – drei bisherigen und sechs neuen für den Nationalrat sowie einer Person für den Ständerat. Er gibt jedoch zu bedenken, dass es die Wähler der CVP auch negativ auslegen könnten, wenn ihre Kandidaten für mehrere Ämter antreten und so nicht klarmachen, welches Amt sie wirklich bevorzugen.

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