Die Mitarbeiter von Bundesanwalt Michael Lauber (53) sind eine weitere Bürde los. Am Donnerstag teilte Staatsanwalt Vincens Nold den Parteien mit, dass er die Strafuntersuchung gegen einen Beschuldigten im Korruptionsfall Seco (Staatssekretariat für Wirtschaft) per Strafbefehl erledigt hat. Das Schreiben liegt SonntagsBlick vor. Der Treuhänder wurde wegen Bestechung und Vorteilsgewährung verurteilt.
Damit ist noch gegen drei von ursprünglich zehn Beschuldigten ein Verfahren hängig. Anfang Mai hatten die Strafverfolger des Bundes bereits sechs Fälle abgeschlossen – mit vier Strafbefehlen und zwei Einstellungsverfügungen.
Was noch 2014 als einer der grössten Korruptionsskandale in Bundesbern gehandelt worden war – ein Seco-Mann soll für die Vergabe von IT-Aufträgen Geschenke akzeptiert haben –, zerfiel unter der Federführung von Michael Laubers Behörde zu einem kleinen Strauss aus Strafbefehlen: bedingte Geld- und Freiheitsstrafen. Diese Milde überrascht Experten; die Aktenberge haben eine Maus geboren.
Die Schadenssumme schrumpft
Der tiefere Grund für diesen Kuschelkurs stand bereits im SonntagsBlick von letzter Woche. Jetzt liegt er schwarz auf weiss dokumentiert vor: Die Bundesanwaltschaft (BA) muss Pendenzen abbauen und mahnt ihre Leute zu erhöhtem Tempo. So begründete Staatsanwalt Nold am 13. September 2018 die Ablehnung des Aktenantrags eines Angeschuldigten unverblümt damit, «dass das Verfahren seinem Abschluss zugeführt werden muss». Strafverfolger im Eilmodus.
Bizarr: Nur fünf Monate zuvor, am 20. April 2018, hatte derselbe Staatsanwalt den Beschuldigten explizit eine Anklageerhebung in allen zehn Fällen in Aussicht gestellt. Gemessen daran sind die bislang fünf Strafbefehle und zwei Einstellungen eine bescheidene Bilanz.
Geschrumpft ist die Angelegenheit auch, was die Vorwürfe betrifft. 2017 hatte die BA, gestützt auf die Bundeskriminalpolizei, eine Schadenssumme für die öffentliche Hand von über 25 Millionen Franken genannt. Davon übrig geblieben ist ein Vorhalt von rund 800'000 Franken.
Kein Protokoll, keine Aktiennotiz
Vor allem aber zeigen die dem SonntagsBlick vorliegenden Akten, dass die Bundesanwaltschaft zumindest in den Seco-Ermittlungen über Jahre Telefonate und E-Mail-Korrespondenz mit Vertretern von Beschuldigten geführt hat, ohne diese zu protokollieren.
Eines der zahlreichen Beispiele ist ein 25-minütiges Telefonat am 22. September 2015 mit dem Anwalt eines Hauptbeschuldigten. Eine Woche später kam der Deal über ein abgekürztes Verfahren zustande – von dem Gespräch existieren weder ein Protokoll noch eine Aktennotiz.
BA-Chef Lauber wurde von der Aufsichtsbehörde AB-BA wegen genau dieser Praxis, namentlich im Fifa-Dossier, gerüffelt. Das ganze Ausmass des papierlosen Vorgehens der Strafverfolger ist unbekannt.
Die BA hat gegenüber SonntagsBlick auf eine Stellungnahme übers Wochenende verzichtet.