Italien ist eine Sperrzone. Im ganzen Land gelten wegen der rasanten Ausbreitung des Coronavirus Einschränkungen. Rund 60 Millionen Menschen können sich nicht mehr frei bewegen.
Aus dem Haus sollen nur noch jene, die arbeiten oder einkaufen gehen, so die Devise der Regierung. Die knapp 78'000 Italiener, die im Tessin arbeiten, können dies daher weiterhin tun. Die Grenzen sind offen. Aber wie lange noch?
Grenzschliessung eine Option
Die Tessiner Regierung und auch die nationale SVP erhöhen den Druck auf die Regierung. BLICK weiss: Der Bundesrat erwägt auch eine Grenzschliessung. Ob er den Schritt wagt, ist aber ungewiss.
Sicher ist: Nicht nur im Tessin, sondern auch in der restlichen Schweiz arbeiten italienische Grenzgänger. Insgesamt 16'000 Personen verteilen sich auf die anderen 25 Kantone.
Die meisten wegen der geografischen Nähe in Graubünden und Wallis. Aber auch in Basel, Zürich und im Aargau arbeiten mehrere hundert italienische Grenzgänger, wie neuste Zahlen des Staatssekretariat für Migration (SEM) zeigen. Die meisten von ihnen dürften Wochenaufenthalter sein und nicht täglich, sondern nur fürs Wochenende in ihre Heimat zurückreisen.
Nachdem Tessiner Politiker die Grenzschliessung verlangt haben, schliessen sich nun auch Walliser Bundesparlamentarier der Forderung an. «Die Grenze muss geschlossen werden», sagt SVP-Nationalrat Franz Ruppen (49) zu BLICK. «Auch bei uns gibt es ja viele Grenzgänger.» Die Walliser SVP hatte dazu sogar ein dringliches Postulat im Kantonsparlament eingereicht.
«Wir müssen eine Grenzschliessung prüfen», sagt CVP-Nationalrat Philipp Matthias Bregy (41). Entscheidend ist für ihn der internationale Kontext. «Österreich hat die Grenze bereits geschlossen, wenn nun auch Frankreich nachzieht, kommen wir um eine Schliessung nicht herum.» Der Kanton Wallis habe eine Taskforce eingesetzt. Zudem seien die Unternehmen bereits stark sensibilisiert. «Einige haben ihre Grenzgänger in Hotels untergebracht. Andere haben angeordnet, dass die italienischen Grenzgänger zuhause bleiben sollen.»
Zurückhaltender zeigt sich SP-Nationalrat Mathias Reynard (32): «Im Moment braucht es bei uns keine keine Grenzschliessung zu Italien.» Er sei täglich mit den Walliser Behörden in Kontakt und derzeit hätten die gesundheitliche Vorsichtsmassnahmen Priorität. So würden etwa in der Lonza die italienischen Grenzgänger genau kontrolliert. Aber: «Es braucht auch Massnahmen für Tourismus, Sport und Kultur.»
Nur 4 Prozent im Gesundheitswesen
Weiter zeigen die SEM-Statistiken, dass die grösste Gruppe der italienischen Grenzgänger mit fast 20'000 Personen in der Branche «Planung, Beratung, Informatik» tätig ist. Über 10'000 arbeiten im Detailhandel, knapp 7000 im Gastgewerbe.
Zum Vergleich: 3700 Personen arbeiten im Medizin- und Gesundheitswesen. Das sind nur 4 Prozent an der Gesamtzahl der 93'000 italienischen Grenzgänger. Tessiner Politiker wollen denn auch solche «unentbehrlichen» Arbeitskräfte, die etwa für die Tessiner Spitäler arbeiten, weiterhin ins Land lassen. Sie sollen dann einfach für einige Zeit im Südkanton bleiben.
Eine solche Diskriminierung wäre erlaubt: «Gestützt auf das Personenfreizügigkeitsabkommen können die Freizügigkeitsrechte durch Massnahmen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigt sind, eingeschränkt werden», schreibt SEM-Sprecher Lukas Rieder auf Anfrage. Solche Massnahmen müssten verhältnismässig sein.
Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.
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