Nicht nur beim Wahlergebnis irrte das Bundesamt für Statistik
Die Verrechner vom Dienst

Ui, ui, ui! Das Bundesamt für Statistik hat sich beim Wahlergebnis verrechnet. So ein gravierender Fehler ist dem Amt noch nie unterlaufen. Aber es ist bei weitem nicht der einzige.
Publiziert: 25.10.2023 um 18:22 Uhr
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Aktualisiert: 25.10.2023 um 18:28 Uhr
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Der Direktor des Bundesamts für Statistik, Georges-Simon Ulrich, musste am Mittwoch Fehler bei der Berechnung des Wahlergebnisses einräumen.
Foto: keystone-sda.ch
Sermîn Faki

Das Bundesamt für Statistik (BFS) hat die Parteistärken nach der Wahl vom Sonntag falsch berechnet. Grösste Auswirkung: Die Mitte ist nun doch nicht die drittstärkste Partei, sondern immer noch 0,2 Prozentpunkte Rückstand auf die FDP. Es ist, wie das Amt selbst zugibt, «die grösste Panne», die es je gegeben habe. Aber es ist bei weitem nicht die einzige. Immer wieder verrechnen sich die Statistiker. Blick zeigt die grössten Pannen und Pleiten der eidgenössischen Erbsenzähler:

Ausschaffungen

Ein wahres Zahlen-Chaos gab es mit der Statistik über die Ausschaffungen von kriminellen Ausländern. Erst hatten 2018 die Zahlen des BfS nicht mit den Zahlen der Kantone übereingestimmt – weil das BFS auch Delikte miteinbezogen hatte, die gar nicht zu den Katalogtaten gehören, welche eine zwingende Ausschaffung zur Folge haben. Zwei Jahre später, als man die richtigen Zahlen publizierte, kam es wieder zu Fehlern. Die Politik, insbesondere die Initianten der Ausschaffungs-Initiative von der SVP waren richtig erbost und forderten Konsequenzen.

Neat-Abstimmung

1992 wurde beinahe nicht über das Neat-Referendum abgestimmt, weil das BFS die Unterschriftenprüfung vermasselte.
Foto: EDI ENGELER

Drastische Folgen für unsere direkte Demokratie hätte der Fehler von 1992 haben können. Das BFS verzählte sich bei der Unterschriftenprüfung für das Neat-Referendum. Die Folge: Die Bundeskanzlei gab bekannt, das Referendum sei nicht zustande gekommen. Doch das stimmte nicht, wie eine Nachzählung auf Druck des Referendumskomitees ergab. Der Fehler führte zu einer Administrativuntersuchung, einer Strafanzeige bei der Bundesanwaltschaft – und zu mehr Arbeit für die Bundeskanzlei: Denn seither muss sie die Unterschriften zählen.

Teuerungszahlen

Im Jahr 2000 berechnete das Amt die Teuerung als zu hoch – weil es beim Heizöl die Menge statt den Preis als Basis nahm.
Foto: GAETAN BALLY

Im Jahr 2000 machten die Neuenburger uns das Leben viel zu teuer: Weil das BFS beim Heizöl die Menge statt den Preis als Basis zur Berechnung der Teuerung herangezogen hatte, wies das Amt die Teuerung über Monate viel zu hoch aus. Auch das blieb nicht ohne Folgen: Die übertriebene Teuerung beeinflusste die Lohnverhandlungen in vielen Branchen und stellte sogar die Geldpolitik der Nationalbank auf den Prüfstand.

Jugendherbergen

2001 errechnete das BFS für Logiernächte in Jugendherbergen einen Rückgang statt einer Zunahme gegenüber dem Vorjahr.
Foto: CHRISTIAN BEUTLER

Nur ein Jahr später gaben die Verrechner des Bundes die Logiernächte in den Jugendherbergen falsch an. Statt eines Rückgangs von über zehn Prozent im Januar 2001 – wie vom BFS errechnet –, konnten sich die Jugis in Tat und Wahrheit über eine Zunahme von mehr als elf Prozent freuen. Das BFS gestand den Fehler ein – eine falsche Formel im Rechnungsprogramm sei schuld gewesen.

Schusswaffen

2011 stand das Amt in der Kritik wegen einer Schusswaffenstatistik.
Foto: MARTIN RUETSCHI

2011 handelte sich das Amt mit seinen Rechenkünsten gar den Vorwurf ein, politisch Einfluss zu nehmen: Kurz vor der Abstimmung über die Waffenschutz-Initiative behauptete es, die Zahl der Suizide mit Schusswaffen sei gesunken und Armeewaffen seien nur bei 17 Prozent der Selbstmorde verwendet worden. Experten zweifelten die Zahlen rasch an. Auch, weil das BFS zwischen Faustfeuerwaffen und Pistolen unterschied – faktisch die gleiche Art Waffe.

Kirchen

2012 zählte das BFS einzelne Freikirchen zu den Reformierten.
Foto: Facebook/ICF Zürich

Nicht einmal Schäfchen zählen kann das Amt korrekt. 2012 hatte es einzelne Freikirchen in die gleiche Schublade wie die Reformierten gesteckt. So verzeichneten die Freikirchen auf dem Papier einen plötzlichen Mitgliederschwund von einem Drittel. Daraufhin meinte das Kirchenblatt «Reformiert» lakonisch: «Auch Schubladisieren will gelernt sein.»

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