Der Vergleichsdienst Comparis rechnet für das kommende Jahr mit einem erneuten Anstieg der Krankenkassenprämien um vier Prozent. Und weil 2019 Wahljahr ist, haben zwei Parteien beschlossen, das Thema je mit einer Volksinitiative zu beackern – und so Wähler für sich zu gewinnen.
CVP setzt auf Kosten-, SP auf Prämienbremse
Die CVP will die Prämienschock-Verkündigung im Herbst nutzen und startet die Unterschriftensammlung im Oktober. Ihre Initiative fordert die Einführung einer Kostenbremse: Wenn die Prämien um 20 Prozent stärker steigen als die Löhne, müssen Bund und Kantone Massnahmen ergreifen, damit die Kosten im folgenden Jahr nicht noch höher ausfallen.
Welche Massnahmen das sein sollen, lässt die Partei offen. Möglich wäre, dass Medikamentenpreise gesenkt oder die Arzthonorare eingefroren werden.
Die SP hingegen setzt direkt bei den Prämien an. Sie will im kommenden Frühling eine Volksinitiative starten, die verlangt, dass diese nicht mehr als zehn Prozent vom Haushaltseinkommen ausmachen dürfen.
Beide Initiativen haben derzeit keine Mehrheit
Ob das den erhofften Schub bei den Wahlen gibt, muss allerdings bezweifelt werden. Denn Zahlen aus dem neuen Gesundheitsmonitor des Umfrageinstituts GfS Bern zeigen: Eine Mehrheit der Stimmberechtigten kann mit den beiden Forderungen nichts anfangen. Und schlimmer noch: Nicht einmal die eigene Basis steht hinter den Initiativen.
Beispiel Kostenbremse: Die kommt am ehesten bei SP-Wählern an (51,8 Prozent sind einverstanden), gefolgt von Grünen (46,9 Prozent), Anhängern der SVP (49 Prozent) und Liberalen (41,3 Prozent). CVP-Wähler hingegen stimmen nur zu 33,6 Prozent zu. Und lehnen die Kostenbremse zu 15,7 Prozent dezidiert ab.
Noch schlechter steht die SP da. Ihre Idee der einkommensabhängigen Prämien lehnt jeder fünfte SP-Wähler ab. Nur 28 Prozent finden den Vorschlag gut. Lustig: Am ehesten dafür gewinnen lassen sich FDP-Wähler mit 34,9 Prozent.
Unglaube und Erstaunen
Bei der SP ist man überrascht. «Dass sich die Zustimmung innerhalb Jahresfrist halbiert haben soll, ist doch sehr erstaunlich», so die St. Galler Gesundheitspolitikerin Barbara Gysi (54). Tatsache sei, dass viele Menschen unter der hohen Prämienlast litten. Und die parteiinternen Erfahrungen zeigten grosse Zustimmung zum Vorhaben. «Dieses Initiativprojekt kommt bei unserer Parteibasis wie auch unserer Wählerschaft sehr gut an.»
Auch die CVP will an der Kostenbremse festhalten. Deren geistiger Vater, der Obwaldner Ständerat Erich Ettlin (56), sagt, die Gesundheitskosten würden dem Mittelstand unter den Nägeln brennen. «Wir müssen den Kostenanstieg bremsen.» Viele fürchteten, das bedeute weniger Leistung. «Wir müssen erklären, dass es zunächst darum geht, die Luft aus dem System zu nehmen, die Effizienz zu steigern.»
Das meint auch die Aargauer CVP-Nationalrätin Ruth Humbel (60). «Es gilt, an der Parteibasis die Aufklärungsarbeit zu intensivieren.» Die Initiative sei «ein Druckmittel, um endlich die seit Jahren diskutierten Kostendämpfungsmassnahmen durchzusetzen».