Der Bund geht auf Sparkurs. Mit dem Stabilisierungsprogramm 2017–2019 sollen jährlich 800 Millionen bis 1 Milliarde Franken weniger ausgegeben werden als bisher geplant. Doch jetzt stellen sich die Kantone auf die Hinterbeine. Sie fürchten sich vor einer Zusatzbelastung, wenn der Bund gewisse Leistungen streicht. «Das Sparpaket des Bundes darf nicht zu Lastenverschiebungen auf die Kantone führen. In vielen Bereichen ist das nun aber – wenn auch indirekt – der Fall», sagt der Walliser CVP-Staatsrat Jean-Michel Cina, Präsident der Konferenz der Kantonsregierungen (KdK).
«Zieht sich der Bund finanziell zurück, steigt der Druck auf die Kantone, in die Bresche zu springen. Wir werden in die Rolle des finanziellen Lückenfüllers gedrängt», befürchtet Cina. Dabei müssten die Kantone schon jetzt den Gürtel enger schnallen. «Trotz teilweise einschneidender eigener Sparprogramme weisen 19 Kantone für 2016 einen negativen Voranschlag aus. Die Kantone verfügen über keinerlei Spielraum mehr, um vom Bund abgewälzte Kosten zu tragen.»
Kantone fordern Korrekturen
Morgen Freitag endet die Vernehmlassung zum Sparprogramm. Die Kantone verlangen nun zahlreiche Korrekturen – bis hin zum ersatzlosen Verzicht auf einzelne Massnahmen. Die wichtigsten Punkte:
> Bildung und Forschung: Um 555 Millionen Franken innerhalb dreier Jahre fährt der Bundesrat das Budget im Bereich Bildung, Forschung und Innovation zurück. Das führe zwangsläufig zu einer Kostenüberwälzung auf die Kantonsebene, so Cina. «Die Erwartungshaltung der Bildungsinstitutionen steigt, dass die Kantone einspringen.» Gerade angesichts der «fortschreitenden De-Industrialisierung» müssten die Bildungsausgaben erhöht statt zurückgefahren werden.
> Ausländer-Integration: Bis zu 11,4 Millionen jährlich will der Bundesrat bei den Integrationsbeiträgen streichen. Ein kleiner Brocken zwar, doch mit viel Symbolik. «Eine erfolgreiche Integrationspolitik ist angesichts des hohen Ausländeranteils von zentraler Bedeutung», so Cina, «die Sparmassnahmen in diesem Bereich sind nicht nachvollziehbar.» Die Kantone würden heute schon deutlich höhere Kosten tragen, der Bund dürfe sich daher nicht noch mehr aus der Verantwortung stehlen.
> Asyl-Bundeszentren: Der Bundesrat möchte die neuen Asyl-Bundeszentren verzögert und mit nur maximal 3500 Betten bis 2019 in Betrieb nehmen. Damit liessen sich insgesamt 16 Millionen sparen. Dabei ist die Idee von der Realität längst überholt. Bund und Kantone haben sich auf 5000 Bundes-Betten geeinigt. Angesichts steigender Flüchtlingszahlen sei eine Verzögerung der Ausbauprojekte schlicht «unverantwortlich», so Cina. Bei weniger Bundesplätzen müssten mehr Asylsuchende durch die Kantone untergebracht werden, was «eine reine Aufgabenverlagerung bedeuten würde».
> Prämienverbilligung: Heute zahlt der Bund den Kantonen jährlich 7,5 Prozent der Kosten für die obligatorische Krankenversicherung an die Prämienverbilligung. Per 2018 möchte der Bundesrat die Pauschale auf 7,3 Prozent senken – ein Minus von jährlich über 70 Millionen Franken. «Das geht voll zulasten der Kantone», so Cina. Die Kantone hätten bereits in anderen Bereichen Mehrkosten tragen müssen, – etwa bei der Spital- und Pflegefinanzierung. «Eine zusätzliche Lastenverschiebung ist nicht zu rechtfertigen.»
> Bahn-Gelder: Insgesamt will der Bund 231 Millionen Franken weniger in den Bahninfrastruktur-Fonds zahlen, dafür die Kantonsbeiträge etwas höher schrauben. Die Kantone ärgern sich über das «asymmetrische Vorgehen» und erachten die Kürzung als «nicht akzeptabel». Cina: «Es widerspricht der Zielsetzung des Fonds und auch dem klaren Abstimmungsresultat, wenn die Einlagen bei der ersten Gelegenheit beschnitten werden.»
> Zoll: Der Bundesrat will zwölf Zollstellen schliessen, zwei bisherige zusammenlegen und samstags alle Zollstellen schliessen ausser jene am Flughafen Zürich. Gegen die Schliessung wehren sich insbesondere die betroffenen Kantone.
Sparpaket nochmals überprüfen
Grundsätzlich sei man zwar mit den Sparbemühungen de Bundes einverstanden, betont Cina. «Es ist wichtig, dass die Bundesfinanzen gesund und solid bleiben.» Doch angesichts der Bundesrechnung 2015 mit einem 2,8-Milliarden-Überschuss macht er klar: «Der Bundesrat muss den Umfang der Sparmassnahmen nochmals vertieft prüfen und auf Kostenabwälzungen zulasten der Kantone verzichten.»
In die Zukunft gerichtet stellt er noch eine weitere Forderung: «Wir verlangen zudem, dass bis zum Ende der Laufzeit des Stabilisierungsprogramms alle neuen beziehungsweise geplanten Anschubfinanzierungen des Bundes sistiert werden.»