Das hat es in der Geschichte der Eidgenossenschaft wohl noch selten gegeben. Bevor Johann Schneider-Ammann (66, FDP) seine Bundesratskollegen über seinen Rücktritt informieren konnte, wusste bereits die ganze Schweiz, dass er geht. Grund war eine Recherche von TeleZüri. Der Privatsender meldete am Montag, dass der Wirtschaftsminister seinen Hut nehmen würde.
Für den Kanal, der mit einem Einmann-Team im Bundeshaus unterwegs ist, eine bemerkenswerte Leistung. Die anderen Medien nahmen den Primeur – wie exklusive Nachrichten im journalistischen Jargon genannt werden – sofort auf. Selbstverständlich mit der Nennung der Quelle – Tele Züri.
Einzige Ausnahme: das SRF von Direktor Ruedi Matter (64). Als tags darauf Schneider-Ammann den Abschied offiziell verkündete, hiess es in der «Tagesschau» plötzlich, «die Medien» hätten den Abgang angekündigt.
«Recherchen anderer Medien landen im Papierkorb»
Dass der Gebührensender seinem kleinen Kontrahenten den Erfolg nicht gönnt, stösst TeleZüri-Chefredaktor Markus Gilli (63) sauer auf: «Das ist ein Verstoss gegen die Richtlinien der SRG.» Tatsächlich sehen diese vor, dass bei unbestätigten Meldungen, wenn sie plausibel sind und es sich um wichtige Themen handelt, die Quelle genannt wird. Gilli geht noch einen Schritt weiter: «Ich setze grosse Fragezeichen hinter die journalistische Verantwortung der SRG! Man berichtet nur, wenn offizielle Regierungsstellen verlautbaren – Recherchen anderer Medien, die dem Bundesrat sogar die Agenda aufzwingen, landen bei den beamteten SRF-Journalisten in ihrem Dünkel im Papierkorb.»
Bei SRF heisst es, auch andere Medien hätten die Rücktrittsmeldung aufgenommen. Deshalb habe man in der «Tagesschau» im Plural von «die Medien» gesprochen. Souverän geht anders.