Neuer Job für Ex-Astronaut
Claude Nicollier berät Viola Amherd beim Kampfjetkauf

Verteidigungsministerin Viola Amherd sorgt für die nächste Überraschung: Sie hat den einzigen Schweizer, der einmal im Weltall war, um seine Meinung zum Kampfjet-Kauf gebeten.
Publiziert: 25.02.2019 um 15:35 Uhr
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Aktualisiert: 17.07.2019 um 20:24 Uhr
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«Freude herrscht!» Claude Nicollier flog in den 90ern mit dem Space Shuttle ins All.
Foto: Getty

Höher hinaus als er kam kein Schweizer bisher! Ob das der Grund war, dass Bundesrätin Viola Amherd (56) sich die Hilfe des ehemaligen Astronauten Claude Nicollier (74) geholt hat? Denn Amherd hat den Waadtländer Astrophysiker beauftragt, eine Zweitmeinung zum Kampfjetkauf abzugeben.

Denn CVP-Frau Amherd hatte das pfannenfertige Paket, das ihr ihr Vorgänger Guy Parmelin (59, SVP) beim Start als Verteidigungsministerin übergeben hatte, nochmals aufgeschnürt. Bevor sie das Vorgehen für den Kauf von neuen Kampfjets und bodengestützten Abwehrraketen dem Bundesrat vorlegt, will sie sich selbst eine Meinung bilden.

«Er ist gut vernetzt»

Dabei soll ihr nun Nicollier helfen. Bis Ende April soll er der VBS-Chefin eine unabhängige Analyse zur «Beschaffung der notwendigen Mittel für den Schutz der Bevölkerung vor Gefahren aus der Luft vorlegen», wie das Verteidigungsdepartement schreibt.

Gestützt auf diesen Bericht hatte der Bundesrat beschlossen, neue Kampfjets und Boden-Luft-Raketen für insgesamt 8 Milliarden Franken zu kaufen. In der Vernehmlassung hatten die Pläne schlecht abgeschnitten.

Qualifiziert ist Nicollier allemal: Er war nicht nur im All, sondern bis 2004 auch Milizmilitärpilot. Allerdings: Eine F/A-18 ist er nie geflogen. Dafür eine F5E-Tiger, jenen Jet, den auch die Patrouille Suisse einsetzt. «Und er ist über die Landesgrenzen hinaus sehr gut vernetzt in der Flugszene», so VBS-Sprecher Renato Kalbermatten.

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Über 1000 Stunden im Orbit

Der 1944 in Vevey geborene Nicollier war nach dem Studium der Physik in Lausanne und der Astrophysik in Genf als Astrophysiker tätig. Er liess sich zudem zum Militär-, Linien- und Testpiloten ausbilden.

1978 wurde er für die erste Astronautengruppe der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) ausgewählt. Im Rahmen eines Abkommens zwischen ESA und der US-amerikanischen Raumfahrtbehörde Nasa erhielt er am Johnson Space Center im texanischen Houston eine Ausbildung auf der amerikanischen Raumfähre «Space Shuttle». Nach mehreren Jahren in Houston nahm er zwischen 1992 und 1999 an vier Weltraummissionen teil, wobei er insgesamt mehr als 1000 Stunden im Orbit verbrachte.

Seine Premiere im All fand vom 31. Juli bis 8. August 1992 statt. Damals umkreiste Nicollier an Bord des Space Shuttle «Atlantis» im Rahmen der STS-46-Mission in acht Tagen 136 mal die Erde, wozu ihm der damalige Schweizer Bundesrat Adolf Ogi (76) am 7. August mit seinem rasch zum Bonmot gewordenen «Freude herrscht, Monsieur Nicollier» gratulierte.

Er spendet sein Honorar

Auf seiner letzten Mission hielt Nicollier sich für Reparaturarbeiten am Hubble-Weltraumteleskop während über 8 Stunden ausserhalb der Raumfähre auf. Heute ist er Mitglied des «Swiss Space Center» in Lausanne und Professor an der ETH Lausanne. Sein Mandat für Amherd wird er parallel dazu wahrnehmen

Und noch mehr: Wie das VBS schreibt, sei Nicollier ein Fan des Milizprinzips, wonach Bürger neben- oder ehrenamtlich öffentliche Ämter und Aufgaben übernehmen. Daher wird er sein Honorar für den Bericht einer noch zu bestimmenden wohltätigen Institution zukommen lassen. Die dann wohl erfreut rufen wird: «Freude herrscht!» (sf)

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