Parteikollege schiesst gegen Toni Bortoluzzi
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Als homophob kritisiert:Parteikollege schiesst gegen Toni Bortoluzzi

Neuer Chef der SVP Zürich reagiert auf Aufstand gegen Vize Bortoluzzi
«Jetzt müssen wir internen Streit begraben»

Toni Bortoluzzi wird Vizepräsident der SVP Zürich. Zum grossen Ärger des homosexuellen Kantonsratskandidaten Michael Frauchiger. Dieser kritisiert Bortoluzzi auf Twitter als «homophob» und «frauenverachtend». Kantonalpräsident Patrick Walder stellt sich hinter den Vize.
Publiziert: 03.04.2019 um 10:43 Uhr
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Aktualisiert: 03.04.2019 um 18:33 Uhr
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Wegen homophoben Aussagen in der Kritik: SVP-Zürich-Vizepräsident und alt Nationalrat Toni Bortoluzzi.
Foto: Keystone
Thomas Benkö und Ruedi Studer

Der neue SVP-Kantonalpräsident Patrick Walder (31) versucht die Wogen zu glätten. «Wir haben eine lebendige Debatte geführt, das spricht für unsere Partei», sagt er zu BLICK. «Doch jetzt müssen wir die internen Streitigkeiten begraben, seriöse Arbeit leisten und geeint in den Wahlkampf ziehen.»

Was war geschehen? Warum muss der gestern gewählte Zürcher Interims-Präsident schon jetzt die Wogen glätten?

Gestern Abend kurz vor Mitternacht wählten die Delegierten der SVP Zürich ihre neue Parteileitung. Patrick Walder aus Dübendorf ist das neue Gesicht an der Spitze.

Ihm stehen als Vizepräsidenten alt Nationalrat Toni Bortoluzzi (72) sowie der Dübendorfer Kantonsrat Orlando Wyss und Kantonsrätin Elisabeth Pflugshaupt aus Gossau zu Seite. Die Führungsriege wurde klar gewählt – mit 242 zu 42 Stimmen.

Gegen die Wahl von Bortoluzzi jedoch gab es erheblichen Widerstand. «Unverständlich, peinlich und unter aller Sau», twitterte der Dielsdorfer Kantonsratskandidat Michael Frauchiger (29). «Einen homophoben und frauenverachtenden Vizepräsidenten Toni Bortoluzzi werde ich nie, absolut nie unterstützen! Eine Klatsche für den Fortschritt der SVP.»

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Bortoluzzi beschimpfte Homosexuelle als «Fehlgeleitete»

Harte Worte! Der bekennende homosexuelle Politiker Frauchiger stört sich insbesondere an Aussagen Bortoluzzis aus dem Jahr 2014, wie er im Gespräch mit BLICK ausführt. Damals äusserte sich dieser im «Beobachter» zur Homosexualität. Schwule und Lesben seien «Fehlgeleitete», sagte der pensionierte Schreinermeister. Gleichgeschlechtliche Paare hätten einen «Hirnlappen, der verkehrt läuft». Er erntete einen Sturm der Entrüstung.

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Wenig später traf Bortoluzzis Zorn eine Parteikollegin – und ­einen Frauentyp: jung, gut ausgebildet und beruflich erfolgreich. Er wolle seinen Nationalratssessel nicht vorzeitig räumen, weil kein Schreiner seinen Sitz erben würde, sondern «eine junge Frau, eine Juristin», sagt Bortoluzzi. Die Frauen schäumten: «Die Aussagen sind einfach nur noch peinlich. Es reicht», konterte etwa Neo-Regierungsrätin Natalie Rickli (42).

Wer griff Frauchiger an?

An der Delegiertenversammlung gestern Abend ergriff Frauchiger mutig das Wort und kritisierte Bortoluzzi für solche Aussagen. Wenig später sei er dann hinter den Kulissen von einem amtierenden Nationalrat aus dem Dunstkreis «der Politelite aus Herrliberg» zurechtgewiesen worden. O-Ton: «Wer eimal i zäh Jahr a d'DV chunnt, söll d'Schnurre hebe!» Um wen es sich handelt, will der Lokalpolitiker nicht verraten, sondern mit diesem zuerst das Gespräch suchen. Gemäss «20min» handelt es sich bei besagtem Nationalrat um Thomas Matter (53). Der kann Frauchigers Ärger nicht nachvollziehen: «Einen verbalen Disput gab es nicht. Ich wusste auch nicht, dass er schwul ist. Wir waren einfach draussen beim Rauchen. Aufgrund seiner Aussagen habe ich mich einfach verpflichtet gefühlt, Bortoluzzi zu verteidigen.»

Frauchiger will auch die Wahl Bortoluzzis nicht akzeptieren «und gegen ihn ankämpfen». Solch ein «untragbares Fossil» und «hinterwäldlerisches Urgestein» sei peinlich und der SVP unwürdig, twitterte er. 

Bortoluzzi will sich gegenüber BLICK nicht äussern. Am Dienstagabend betonte er vor den Delegierten, dass er das Amt nicht gesucht habe. Es sei eine interimistische Lösung, aber die Zeit dränge. Man müsse jetzt die Weichen stellen und die Partei zu alter Stärke führen. Deshalb wandte er sich auch gegen Vorschläge aus dem Kreis der Delegierten, die Wahl um einen Monat zu verschieben und ein ordentliches Verfahren durchzuführen.

Kritik an «Hauruckübung aus dem Hinterzimmer»

Diverse Delegierte wiesen nämlich darauf hin, dass sie das Vorgehen rund um die neue Parteispitze als «undemokratische Hauruckübung aus dem Hinterzimmer» empfänden. Ihr Antrag auf Verschiebung der Wahl fand jedoch keine Mehrheit.

Mit der SVP per se hätte Frauchiger auch nach dem gestrigen Abend keine Probleme. «Ich weiss, wen ich im Herbst nicht wählen werde!», fügt er an – und meint damit natürlich betreffenden Nationalrat.

Walder stellt sich hinter Bortoluzzi

Der neue Chef der SVP Zürich mag am Tag nach seiner Wahl Frauchigers Angriff nicht kommentieren.

Walder stellt sich aber demonstrativ hinter seinen Vize Bortoluzzi: «Ich bin sehr froh, dass ihm die Delegierten ihr Vertrauen ausgesprochen haben. Herr Bortoluzzi ist mit seiner langjährigen Erfahrung ein Riesengewinn für unser Team.»

Zu Bortoluzzis heiklen Aussagen gegen Schwule oder Kita-Kinder, sagt Walder nur: «Seine früheren Aussagen will ich jetzt nicht beurteilen.» Er selbst lebe in einer Hetero-Beziehung.

Doch Walder macht klar: «Ich habe mit Homosexuellen kein Problem.» In seiner Aufgabe als Parteipräsident stehe er aber hinter dem beschlossenen Parteiprogramm, was weitere Forderungen betreffe: «Die Ehe für alle lehnt die SVP ab.»

Neue Parteispitze soll in die Wahlen führen

Die neue Parteispitze soll bis mindestens zu den eidgenössischen Wahlen im Oktober im Amt bleiben. Am vergangenen Freitag war es zum Massenrücktritt an der Parteispitze gekommen.

Die SVP büsste bei den Zürcher Kantonsratswahlen 5,6 Prozent Wähleranteile ein. Sie verlor 9 Sitze und fiel auf den tiefsten Stand seit 1995 zurück. Mit 45 Mandaten stellt sie aber nach wie vor die grösste Fraktion im 180-köpfigen Kantonsrat. (mit Material der SDA)

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