Neuer Bericht kritisiert Asylpraxis
Grundrechte gelten für Ukrainer – für andere nicht

Bei «vorläufig Aufgenommenen» werden die Grundrechte missachtet – beim «Schutzstatus S» nicht. Das kritisiert ein Bericht.
Publiziert: 14.06.2024 um 20:28 Uhr
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Aktualisiert: 16.06.2024 um 11:18 Uhr
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Wer in der Schweiz Asyl beantragt, muss sich registrieren.
Foto: Keystone
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Daniel Faulhaber
Beobachter

Die Eskalation des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 hat das Asylsystem der Schweiz vor grosse Herausforderungen gestellt. Es brauchte Platz für die vielen Geflüchteten aus der Ukraine – rund 105'000 Personen haben bis Juni 2024 ein Gesuch um Schutzstatus S gestellt. Die Schweizer Bevölkerung reagierte mit einer Welle der Solidarität, viele stellten privaten Wohnraum zur Verfügung.

Gleichzeitig flammte die politische Debatte um die Ungleichbehandlung Geflüchteter mit unterschiedlichem Schutzstatus auf. Der Beobachter hat anhand des Schicksals zweier Familien – eine mit Schutzstatus S, die andere aus Afghanistan mit dem Status der «vorläufigen Aufnahme» – darüber berichtet. Die Schweizerische Beobachtungsstelle für Asyl- und Ausländerrecht (SBAA) hat nun einen Bericht vorgelegt. Dieser untersucht die «Unterschiede und Widersprüche» zwischen dem Schutzstatus S und der vorläufigen Aufnahme.

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Das sagt der Bericht

Die Bundesverfassung (BV) garantiert zwar allen Menschen gleiche Rechte. Doch die Unterschiede für Geflüchtete mit unterschiedlichen Rechtstiteln sind in manchen Bereichen gross.

  • Das Recht auf Familie (Art. 14). Personen mit dem Rechtstitel einer «vorläufigen Aufnahme» müssen zwei Jahre warten, bis sie ihre Familie nachholen können. Ausserdem muss unter anderem die Wohnung gross genug sein für alle Mitglieder, und die Familie darf keine Sozialhilfe beziehen. Mit Schutzstatus S ist Familiennachzug ohne Wartefrist und Auflagen möglich.
  • Das Recht auf Bildung (Art. 19). Darunter fällt auch die Erwerbstätigkeit. Sowohl vorläufig Aufgenommene als auch Personen mit Schutzstatus S dürfen arbeiten. Eine Hürde sei hier der irreführende Titel der «vorläufigen Aufnahme», so der Bericht. Arbeitgeber befürchten regelmässig, «vorläufig Aufgenommene» könnten jederzeit aufgefordert werden, die Ausreise anzutreten. Und vergeben die Jobs an andere. Fakt ist: Vorläufig Aufgenommene bleiben häufig langfristig in der Schweiz – vielfach unbefristet.
  • Das Recht auf Bewegungsfreiheit (Art. 10). Vorläufig aufgenommene Menschen dürfen nicht in die Heimat reisen. Für Reisen in andere Länder brauchen sie ein Rückreisevisum, das vom Staatssekretariat für Migration in Ausnahmefällen gewährt wird. Wer Schutzstatus S hat, kann sich frei bewegen. Längere und wiederholte Reisen ins Heimatland sind allerdings ebenfalls nicht erlaubt.
  • Verfahrensgarantien (Art. 29): Der Bericht kritisiert, dass beschleunigte Asylverfahren zu oberflächlichen Prüfungen führen. Asylgesuche werden abgelehnt, obwohl sie zur vorläufigen Aufnahme ausreichten. Um dies aufzuzeigen, arbeitet der Bericht mit vielen Fallbeispielen. Der Schutzstatus S wird anderseits rasch und ohne individuelle Prüfung verliehen.

Das Fazit

Der Bericht kommt zum Schluss, dass vorläufig aufgenommene Personen gegenüber Personen mit dem Schutzstatus S «bei sämtlichen Grundrechten schlechtergestellt sind». Die SBAA begrüsst den Schutzstatus S. Die Ungleichbehandlung der schutzsuchenden Personen kritisiert sie als «ungerechtfertigt». Der Verein fordert den Bundesrat auf, die «vorläufige Aufnahme» durch einen neuen «humanitären Schutzstatus» zu ersetzen.

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