Neue Studie enthüllt erstmals konkrete Folgen
Wie stetiger Fluglärm das Herz verändert

Eine Studie zeigt erstmals die konkreten Auswirkungen von permanentem Fluglärm auf das Herz. Wissenschaftler stellten fest, dass die linke Herzkammer bei Menschen, die nahe an Flughäfen wohnen, um durchschnittlich sieben Prozent schwerer ist als bei anderen Personen.
Publiziert: 10:36 Uhr
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Aktualisiert: 20:09 Uhr
Die Studienautoren werteten Herzaufnahmen von Menschen aus, die in der Nähe eines von vier grossen englischen Flughäfen lebten: London-Heathrow, London-Gatwick, Manchester und Birmingham. (Archivbild)
Foto: James Manning
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Dies erhöhe das Risiko für schwere Herz-Kreislauf-Probleme wie Herzrhythmusstörung, Herzinfarkt oder Schlaganfall um 32 Prozent, schreibt die Gruppe um Cristian Topriceanu vom University College London im «Journal of the American College of Cardiology» («JACC»).

«Mit der Expansion der Luftfahrtindustrie wächst in Gemeinden, die in der Nähe von Flughäfen oder unter Flugrouten leben, die Besorgnis über mögliche Auswirkungen auf die Lebensqualität und den Schlaf», schreiben die Studienautoren. Sie werteten in einer medizinischen Datenbank – der UK Biobank – Herzaufnahmen von 3635 Menschen aus, die in der Nähe eines von vier grossen englischen Flughäfen lebten: London-Heathrow, London-Gatwick, Manchester und Birmingham.

Nach dem Abgleich mit Lärmdaten der britischen Luftfahrtbehörde CAA (Civil Aviation Authority) kalkulierten die Wissenschaftler, dass acht Prozent dieser Teilnehmer einem gemittelten Dauerschallpegel von 50 Dezibel oder mehr ausgesetzt sind. Drei Prozent lebten mit einem nächtlichen Fluglärm von 45 Dezibel oder mehr. Zum Vergleich: 50 Dezibel entsprechen etwa einer angeregten Unterhaltung.

Die Langzeitrisiken durch Veränderungen der linken Herzkammer ermittelte das Team aus Herzaufnahmen und anderen Daten von 21'360 Patienten aus der englischen Datenbank. Bei der Risikokalkulation berücksichtigten die Forscher zahlreiche andere Faktoren, die Einfluss auf die Herzgesundheit haben können – darunter Geschlecht, Alter, Einkommen, Rauchen, Alkoholkonsum, Luftqualität und sonstige Lärmquellen.

«Andere Faktoren sind Schlafstörungen, Entzündungen und Arteriosklerose»

Wie genau Fluglärm auf das Herz-Kreislauf-System einwirkt, ist noch nicht abschliessend geklärt. Es gibt jedoch Hinweise, dass diese Geräuschkulisse mit Übergewicht und Bluthochdruck in Verbindung steht. «Zwischen einem Viertel und der Hälfte des Zusammenhangs wurden einem höheren Körper-Masse-Index bei Teilnehmern zugeschrieben, die grösserem Fluglärm ausgesetzt waren», wird Topriceanu in einer Mitteilung seiner Hochschule zitiert. Bei Patienten, die tagsüber mit Fluglärm konfrontiert waren, führten die Wissenschaftler zwischen 9 und 36 Prozent des Unterschieds auf höheren Blutdruck zurück.

Auf Bluthochdruck kann der Körper mit einem verstärkten Dickenwachstum des Herzmuskels reagieren. Bei den vom Fluglärm Betroffenen hatte eine verdickte Herzwand den grössten Anteil an der durchschnittlich sieben Prozent schwereren linken Herzkammer. In der Folge wird das Herz steifer, kann sich weniger stark dehnen, und die Pumpleistung nimmt ab. «Andere Faktoren, die durch Stressreaktion auf Fluglärm ausgelöst werden könnten, sind Schlafstörungen, Entzündungen und Arteriosklerose», betonte Topriceanu.

Der Kardiologe Thomas Münzel von der Universitätsmedizin Mainz lobte die Untersuchung in einem Kommentar zur Studie im gleichen Fachblatt. Lärmbelastung durch Verkehr sei ein weltweites und zunehmendes Problem. Nächtlicher Lärm sei besonders schädlich.

Thomas Meinertz vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung, betonte, dass die Studie das Forschungsfeld erweitere. «Die MRT-Aufnahmen sind in hohem Masse standardisiert, deshalb sind die Herzaufnahmen gut miteinander vergleichbar», erläuterte der Kardiologe. Die Ergebnisse der Studie seien auf Deutschland übertragbar, denn Anwohner von Flughäfen hierzulande seien ähnlichen Dezibelwerten ausgesetzt wie in England. Meinertz, Münzel und auch die Autoren der Studie plädieren dafür, der Staat solle seine Einwohner besser vor gesundheitsschädlichem Fluglärm schützen.

Deutliche Zunahme der Belastung auch in der Schweiz

Auch in der Schweiz ist Fluglärm immer wieder ein Thema. Neueste Zahlen, die im Dezember 2024 in einem Flughafenbericht publiziert wurden, zeigten, dass rund um den Flughafen Zürich eine zunehmende Zahl von Anwohnerinnen und Anwohnern am Abend von Fluglärm betroffen war. Die Zahl der Flüge nach 23 Uhr überschritt das Vor-Corona-Niveau erstmals wieder.

Über 23'000 Personen gaben an, dass sie in der Nacht von Flugzeugen gestört würden. Das waren 37 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Kanton Zürich kam deshalb zum Schluss, dass die Erwartungen an die Lärm-Begrenzungen «nicht erfüllt» würden. Der Flughafen Zürich beantragte deshalb Anfang Woche eine Erhöhung der Lärmzuschläge für Starts nach 23 Uhr sowie eine zusätzliche Gebührenstufe für Starts ab 23.15 Uhr. Damit solle ein Anreiz geschaffen werden, um im Verspätungsfall möglichst rasch zu starten, teilte der Flughafen am Dienstag mit.

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