Neue Regeln
Nationalrat geht gegen «Knebelverträge» von Buchungsplattformen vor

Hotels sollen Zimmer auf der eigenen Website günstiger anbieten dürfen als auf Buchungsplattformen. Der Nationalrat will Preisbindungsklauseln künftig verbieten - und Anbietern wie beispielsweise Booking.com noch engere Grenzen setzen.
Publiziert: 08.03.2022 um 11:18 Uhr
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Aktualisiert: 08.03.2022 um 11:52 Uhr
Der Nationalrat will es Hotels künftig erlauben, auf der eigenen Homepage günstigere Preise anzubieten als auf Buchungsplattformen wie Booking.com. Anderslautende Vertragsklauseln sollen verboten werden. (Themenbild)
Foto: GAETAN BALLY

Die grosse Kammer hat am Dienstag als Erstrat verschiedene Änderungen im Gesetz über den unlauteren Wettbewerb (UWG) gutgeheissen. Der Entscheid fiel mit 109 zu 70 Stimmen bei 13 Enthaltungen.

Die Vorlage geht auf einen Vorstoss von Mitte-Ständerat Pirmin Bischof (SO) aus dem Jahr 2016 zurück, den das Parlament ein Jahr später an den Bundesrat überwiesen hatte. Obwohl die Regierung dagegen war, in die Praktiken von Buchungsplattformen einzugreifen, musste sie die Forderung umsetzen.

Kern der nun vorliegenden Vorlage ist es, dass Booking.com und andere Portale Hotels nicht mehr verbieten dürfen, auf der hoteleigenen Internetseite tiefere Preise anzubieten. Es geht um die sogenannten engen Preisparitätsklauseln. Bereits untersagt sind die weiten Preisparitätsklauseln. Solche verpflichten Hoteliers, auf allen ihren Vertriebskanälen mindestens einen gleich hohen Preis wie auf Buchungsplattformen anzubieten.

Das Thema ist seit längerem aktuell. Bereits vor zehn Jahren hatte der Nationalrat Massnahmen gegen die Marktmacht von Online-Buchungsplattformen diskutiert. Eine Motion, die von Schweiz Tourismus forderte, kostenlose Buchungsplattformen für alle direkt vermarktbaren Hotelzimmer anzubieten, scheiterte damals aber deutlich.

Inzwischen hat Booking.com seine marktbeherrschende Stellung weiter ausgebaut. Gleichzeitig nimmt auch der politische Druck zu, dieser und anderen Buchungsplattformen engere Fesseln anzulegen.

Geht es nach dem Nationalrat, sollen künftig alle Paritätsklauseln verboten werden, also auch Verfügbarkeits- und Konditionenparitätsklauseln. Mit 98 zu 88 Stimmen bei 4 Enthaltungen stimmte die grosse Kammer einem Antrag ihrer Rechtskommission (RK-N) zu und ging damit weiter als der Bundesrat.

Grosse Plattformen seien durch ihre Marktmacht in der Lage, gerade kleinen und mittelgrossen Beherbergungsbetrieben ihre Regeln zu diktieren, lautete der Tenor. Die Schweizer Hotels und auch die Konsumentinnen und Konsumenten müssten deshalb geschützt werden.

Auch in den meisten Nachbarländern seien Paritätsklauseln untersagt, sagte Kommissionssprecherin Florence Brenzikofer (Grüne/BL). Ziehe die Schweiz nicht mit, seien die hiesigen Beherbergungsbetriebe im Nachteil.

SVP, FDP und GLP wollten mehrheitlich vom Preisbindungsverbot nichts wissen. Es werde eine Ausnahmeregelung für eine einzelne Branche geschaffen, machte die Minderheit geltend. Konsequenterweise müsste eine branchenübergreifende Lösung diskutiert werden.

Judith Bellaiche (GLP/ZH) hob zudem den Nutzen von Buchungsplattformen hervor. Erst dank solcher Plattformen erschienen Schweizer Hotels auf dem Schirm von Kundinnen und Kunden aus dem In- und Ausland. «Alle wollen von den Plattformen profitieren, aber niemand will für die Dienste bezahlen», kritisierte sie.

Mit Verboten werde der Wettbewerb behindert, befand Pirmin Schwander (SVP/SZ). Das Kartellgesetz schütze den Wettbewerb ausreichend. So könnten die Hoteliers weiterhin auf verschiedenen Onlineplattformen unterschiedliche oder den Kunden per Mail, am Telefon oder an der Rezeption auch günstigere Preise anbieten.

Booking.com wies in der Vergangenheit den Vorwurf zurück, dass die Hoteliers «Knebelverträge» unterschreiben müssten. Die Plattform verlange etwa keine Grundgebühr, keine Eintrittsgebühr, keine minimale Vertragsdauer, und die Kommission würden nur fällig, wenn ein Kunde buche und im Hotel auch übernachte.

Trotzdem hat der Nationalrat nun gehandelt. Die neuen Regeln betreffen jedoch nur das Zivilrecht und enthalten keine strafrechtliche Sanktion. Eine linke Minderheit scheiterte mit dem Ansinnen, dass Verstösse gegen das Verbot von Paritätsklauseln auf Antrag mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft werden sollten.

Die Vorlage geht nun an den Ständerat.

(SDA)

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