Es war ein filmreifer Rechtsstreit um Kunst, Schmuggel und Steuerhinterziehung. In der Hauptrolle: Kunstsammler Urs Schwarzenbach, Besitzer des Zürcher Luxushotels Dolder. Von 2008 bis 2013 soll er Dutzende Kunstwerke in die Schweiz eingeführt haben, ohne die dafür jeweils fällige Mehrwertsteuer zu bezahlen.
Allein das Bundesamt für Zoll- und Grenzsicherheit (BAZG) hatte darum 25 Millionen Franken von ihm gefordert – wegen der nicht deklarierten Gemälde. Jahrelang versuchte der Hotelier, sich mit juristischen Mitteln zu wehren. Am Ende ohne Erfolg.
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Weisung: «Informationen müssen anonymisiert werden»
Solche Geschichten dürften künftig wohl nicht mehr publik werden. Die meisten Strafverfügungen und -bescheide des Zolls werden neu für Medienschaffende nur noch anonymisiert einsehbar sein. Das geht aus einer kürzlich erlassenen «internen Weisung» des BAZG hervor, die dem Beobachter vorliegt.
«In allen Fällen, in denen das Mehrwertsteuergesetz zur Anwendung kommt, müssen Informationen, die eine Identifizierung der verurteilten natürlichen oder juristischen Person ermöglichen, anonymisiert werden», heisst es darin. Das betreffe «geschätzte 80 bis 90 Prozent» aller Fälle, wie die Behörde schreibt.
«Der Entscheid schiesst über das Ziel hinaus», sagt Martin Stoll. Der Journalist setzt sich als Geschäftsführer von Öffentlichkeitsgesetz.ch seit Jahren für mehr Transparenz in der Verwaltung ein.
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Die Herausgabe von nicht anonymisierten Strafentscheiden sei zwar immer eine Gratwanderung zwischen öffentlichem Interesse und dem Schutz der Persönlichkeitsrechte, sagt Stoll. Journalistinnen und Journalisten seien dabei aber an den Pressekodex gebunden und machten diese Abwägung sorgfältig.
Aufsicht wird erschwert
Mit der neuen Weisung werde es künftig für Medienschaffende schwierig, die Behörde zu beaufsichtigen. Die Justizöffentlichkeit werde beschnitten, so Stoll. «Wird ein einflussreicher Kunstsammler genauso hart bestraft wie ein Bauer, der Ernte in die Schweiz schmuggelt? Wenn das Steuergeheimnis generell als Bollwerk gegen Transparenz dient, schwächt es das Vertrauen in die Behörden.»
Warum diese Praxisänderung gerade jetzt kommt, obwohl der entsprechende Gesetzesartikel im Mehrwertsteuergesetz schon lange existiert, bleibt unklar. Das BAZG antwortet auf Anfrage des Beobachters nur vage. Man «evaluiert die geltende Rechtsprechung sowie interne Prozesse laufend».
Vermutlich hat es aber mit einem kürzlich gefällten Entscheid des Bundesgerichts zu tun. Es hatte ein Gesuch eines Journalisten zu Goldimporten zu beurteilen und gewichtete in seinem Urteil das Steuergeheimnis höher als das Öffentlichkeitsprinzip.
Zuvor hatte bereits das Bundesverwaltungsgericht in einem Leiturteil von 2020 zugunsten der Geheimhaltung bei Steuervergehen entschieden. Es ging dabei um ein Gesuch um Einsicht in Strafbefehle der Eidgenössischen Steuerverwaltung. Das Gericht hielt damals erstmals fest, dass es aufgrund des hohen Stellenwerts des Steuergeheimnisses nur einen Anspruch auf Zugang zu anonymisierten Strafbefehlen gebe.