Es war einer der emotionalsten Abstimmungskämpfe der letzten Jahre – und einer der längsten. Er begann viel früher als gewöhnlich. Fast fünf Monate lang stritt die Schweiz über die No-Billag-Initiative. Doch es ging nie um die Abschaffung der Radio- und TV-Gebühr, die dem Volksbegehren den Namen gab.
Es ging immer um die SRG selbst. Um diesen Mediengiganten, mit dem Generationen von Schweizerinnen und Schweizern aufgewachsen sind – vom «Guetnachtgschichtli» über «Teleboy» bis hin zur «Arena».
Ein komischer Moloch
Sie ist ein komischer Moloch, diese SRG. Fest eingeschrieben in die Schweizer DNA und doch und immer wieder Anlass zu Spott und Ärger. Völlig selbstverständlich auf der einen Seite und zugleich höchst kontrovers diskutiert und ständig kritisiert.
Wäre dem nicht so, hätten die jungen, mit libertären Ideen liebäugelnden Männer aus dem Grossraum Zürich nie die nötigen 100’000 Unterschriften für eine Initiative zusammenbekommen. Haben sie zur Verwunderung der selbstsicheren SRG-Chefs aber.
Und sie trieben der SRG-Spitze und einem Grossteil der Politik den Angstschweiss auf die Stirn, als erste Umfragen Ende 2017 eine Mehrheit für No Billag in Aussicht stellten. Als es tatsächlich so aussah, als würden die «Zwangsgebühren» für Radio und Fernsehen abgeschafft.
Eine beispiellose Kampagne
Erst da starteten die Gegner unter Führung der CVP von Medienministerin Doris Leuthard (54) eine beispiellose Kampagne: Social Media, Plakate, Abstimmungszeitung inklusive.
Sportler, Künstler und Unterhaltungsstars wurden eingebunden, um vor einer Schweiz ohne SRG zu warnen. Und sie machten natürlich mit – ohne die Präsenz auf den SRG-Sendern wären sie nicht, was sie sind.
«Arena»-Rekord
Prägend für den Abstimmungskampf war auch, dass die SRG eine Doppelrolle innehatte: Sie war für einmal nicht nur einflussreiche Bericherserstatterin, sondern gleichzeitig Abstimmungsgegenstand. Nicht immer machten Aushängeschilder wie Allzweckwaffe Sabine Dahinden (49), Börsen-Frau Patrizia Laeri (39) und «Rundschau»-Moderator Sandro Brotz (48) dabei eine untadelige Figur.
Auch die Beteuerung, dass man über No Billag genau gleich berichten werde wie über jede andere Vorlage, konnte das SRF nicht wahrmachen. Ein Beispiel für die eigene Befangenheit: Gleich drei No-Billag-«Arenas» veranstaltete das Schweizer Fernsehen innert vier Monaten. Wahrscheinlich Rekord für eine Volksinitiative.
Plan W statt B
Die Gegenseite agierte kaum souveräner: Initiativkomitee und der überaktive Gewerbeverband unter der Fuchtel von Hans-Ulrich Bigler (59) überboten sich mit Alternativ-Plänen für eine nicht-gebührenfinanzierte SRG, die sich bei näherem Hinsehen als «Plan B» wie Bigler, «Plan W» wie Wunschdenken oder «Plan S» wie Subventionen entpuppten.
Damit überzeugten sie nur sich selbst – je länger der Abstimmungskampf dauerte, desto mehr purzelten die Umfragewerte in den Keller. Nun sieht es nach einem klaren Sieg der SRG aus.
Wie viele Taktiker gibt es?
Die grosse Frage, die dennoch Spannung für den Sonntag verspricht: Wieviele, die eigentlich gegen die Initiative stimmen wollten, haben ein taktisches Ja eingelegt, um ihrem Ärger über einzelne Sendungen die vermeintliche Arroganz der SRG oder die «Linkslastigkeit des Staatsfernsehens» Luft zu machen?
BLICK hält Sie den ganzen Abstimmungssonntag auf dem Laufenden: über Hochrechnungen und Resultate, Reaktionen aus dem Ja- und Nein-Lager und mit Analysen von Experten.