Vom EU-Deal bis zum Kampfjet
Diese fünf Brocken muss das neue Parlament stemmen

Auf das neue Parlament kommt einiges an Arbeit zu. BLICK zeigt, welche Probleme die Neu- und Wiedergewählten anpacken müssen. Vom EU-Deal über die Rentenreform bis hin zur Kampfjetbeschaffung.
Publiziert: 20.10.2019 um 10:32 Uhr
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Aktualisiert: 22.09.2020 um 17:34 Uhr
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Das neue Parlament muss das Verhältnis der Schweiz zur EU klären.
Foto: Keystone
Ruedi Studer

Jetzt werden die Karten in Bundesbern neu gemischt – am 2. Dezember werden die Neu- und Wiedergewählten bereits vereidigt. Dann beginnt mit der Wintersession die 51. Legislatur.

In dieser kommt viel Arbeit auf die Bundesparlamentarier zu. BLICK zeigt, welche Brocken das neue Parlament anpacken muss.

1. Europa-Blockade lösen

Ganz zuoberst auf der Agenda steht die Europapolitik. Der wichtigste Entscheid steht dabei voraussichtlich im Mai 2020 an: Dann dürfte die Kündigungs-Initiative der SVP an die Urne kommen. Ein Ja würde das Aus für den bilateralen Weg bedeuten. Ein neues Rahmenabkommen wäre damit obsolet.

Mit einem Nein hingegen würde endlich der Weg frei, den Deal mit der EU neu aufzugleisen oder zumindest nachzubessern. Innenpolitisch ist die Debatte derzeit völlig blockiert. Dies, nachdem FDP-Aussenminister Ignazio Cassis (58) letztes Jahr voreilig den Lohnschutz in Frage gestellt und damit die Gewerkschaften düpiert hatte. Kein Wunder, hat SVP-Bundespräsident Ueli Maurer (68) das vorliegende Abkommen bereits für tot erklärt.

In der neuen Legislatur müssen Bundesrat und Parlament den Weg aus der Sackgasse finden. Einen Neustart könnte dabei die neue EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (61) ermöglichen. Entscheidend ist auch, wie es mit dem Brexit weitergeht.

Vorerst kann sich die Schweiz ein Zuwarten noch leisten. Denn die Abstrafung durch die EU mit der ausgesetzten Börsenanerkennung hat sich als Rohrkrepierer erwiesen.

2. Griffiges CO2-Gesetz vorlegen

In der Klimapolitik braucht es nun endlich Nägel mit Köpfen! Nachdem der Nationalrat Ende 2018 das neue CO2-Gesetz vorerst versenkt hatte, hat der Ständerat die Vorlage wieder auf Kurs gebracht.

Dank der protestierenden Klimajugend. Und dank der klimapolitischen Kehrtwende der FDP. Letztere hatte dem CO2-Gesetz im Nationalrat noch die Zähne gezogen. Doch nach einem veritablen Shitstorm und einer parteiinternen Umfrage setzte FDP-Chefin Petra Gössi (43) den Kurs neu. Dazu trugen insbesondere auch die beiden FDP-Ständeräte Damian Müller (34, LU) und Ruedi Noser (58, ZH) bei, die ihre Partei auf Ökokurs trimmten.

Die kleine Kammer machte in der Herbstsession beim CO2-Gesetz Ernst: Benzin und Flüge sollen teurer werden. Die Richtung stimmt. Offen ist aber, ob die Freisinnigen auch nach dem Wahlsonntag den Kurs halten – oder das CO2-Gesetz wieder verwässern.

Klar ist, dass auch das Stimmvolk ein gewichtiges Wörtchen mitreden wird: SVP-Chef Albert Rösti (52) hat bereits das Referendum gegen das CO2-Gesetz angekündigt. Das Klimaschutz-Lager hingegen wird nächstes Jahr seine Gletscher-Initiative einreichen, die netto null Treibhausgasemissionen bis 2050 verlangt. Über 120'000 Unterschriften sind bereits beisammen.

3. Rentenreform durchboxen

Die grosse Rentenreform von SP-Sozialminister Alain Berset (47) scheiterte 2017 in der Volksabstimmung. Doch zumindest für die AHV gibt es eine kleine Verschnaufpause – erhält sie dank des AHV-Steuer-Deals nun einen jährlichen Zustupf von zwei Milliarden Franken.

Die Altersvorsorge bleibt trotzdem zuoberst auf der Agenda. Dabei gibt es nur drei Möglichkeiten: mehr zahlen, länger arbeiten oder die Renten kürzen.

Die AHV-Reform kann das Parlament gleich anpacken, die Botschaft des Bundesrats liegt vor. Die Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre ist zumindest im bürgerlichen Lager unbestritten. Diese ist aber nicht gratis zu haben: Der Bundesrat will 700 Millionen Franken zur Abfederung einsetzen. Für SVP und FDP ist das zu teuer. Die Linke lehnt die Erhöhung des Rentenalters ab. Ein weiterer Streitpunkt ist die vom Bundesrat vorgeschlagene Mehrwertsteuer-Erhöhung um 0,7 Prozent zugunsten der AHV. Auch hier drücken Rechtsparteien und Wirtschaft auf die Bremse. Klar ist: Für diese Reform müssen alle Seiten Opfer bringen. Sonst droht an der Urne ein Scherbenhaufen.

Wie man einen solchen Kompromiss schmiedet, haben Arbeitgeberverband und Gewerkschaften bei der zweiten Säule vorgemacht. Für ihren Rentenkompromiss mussten beide Seiten über den Schatten springen. An diesem will sich nun auch Berset orientieren, wenn er eine Vorlage auf den Weg bringt. Allerdings stellt sich der Gewerbeverband dem Deal in den Weg – und auch der Pensionskassen-Verband Asip zeigt sich skeptisch. Im Parlament ist ein weiteres Gezerre programmiert.

4. Gesundheitskosten bremsen

Auch wenn die Krankenkassenprämien für 2020 nur sehr moderat ansteigen, bleibt das Gesundheitswesen eine Dauerbaustelle.

Braucht es eine Prämienobergrenze? Wird die freie Arztwahl eingeschränkt? Werden die Franchisen erhöht? Sinken die Medikamentenpreise? Wird der Leistungskatalog zusammengestrichen? Werden die Ärztelöhne gekappt? Wer berappt künftig die Spitalbehandlungen? Müssen Spitäler geschlossen werden? Braucht es eine Einheitskrankenkasse? Fragen über Fragen, die sich seit Jahren stellen und auch in der neuen Legislatur wieder gestellt werden.

Die Gesundheitspolitik ist eine Politik der kleinen Schritte. Grosse Würfe sind in den letzten Jahren immer wieder gescheitert. Immerhin steht nun ein mittlerer Wurf zur Debatte: Ambulante und stationäre Spitalleistungen sollen künftig aus dem gleichen Topf finanziert werden, um Fehlanreize zu beseitigen. Der Nationalrat hat dazu bereits grünes Licht gegeben. In der neuen Legislatur ist der Ständerat am Zug. Die SP droht allerdings bereits mit dem Referendum.

Zudem wird sich das Parlament mit zwei Volksinitiativen beschäftigen müssen, die schon bald eingereicht werden dürften. Die SP fordert eine Prämienobergrenze von maximal zehn Prozent des Haushaltseinkommens. Die CVP will im Gesundheitswesen eine Kostenbremse einführen.

5. Kampfjet zum Fliegen bringen

Für die Armee geht es ums Eingemachte: Ohne Luftwaffe wird sie zur Lachnummer. Die Beschaffung neuer Kampfjets ist das zentrale Geschäft in der Sicherheitspolitik.

2014 wollte das Stimmvolk vom umstrittenen Gripen-Flieger nichts wissen. Doch nach den beiden SVP-Verteidigungsministern Ueli Maurer (68) und Guy Parmelin (59) ist nun CVP-Frau Viola Amherd (57) im VBS am Drücker.

Im Parlament ist das Ja zum 6-Milliarden-Franken-Budget für neue Kampfjets reine Formsache. Der Ständerat hat sein Okay bereits gegeben – in der Wintersession wird auch der Nationalrat folgen.

Die grosse Herausforderung für die Parlamentarier wird sein, den milliardenschweren Planungsbeschluss auch im Volk zum Fliegen zu bringen – damit dereinst auch ein neuer Jet zum Fliegen kommt.

National- und Ständeratsratswahlen 2019

Am 20. Oktober finden die eidgenössischen Parlamentswahlen in der Schweiz statt. Die insgesamt 200 Sitz im Nationalrat werden nach Anzahl Bevölkerung auf die Kantone verteilt und müssen neu gewählt werden. Auch die 46 Sitze des Ständerats werden neu vergeben.

BLICK bietet rund um die Uhr die aktuellsten Informationen zum Wahlkampf, der politischen Themenagenda der Parteien und Kandidaten, der Sitzverteilung im Parlament und den Wahlergebnissen.

Für die Ständeratswahlen sind die Kantone zuständig. Bei den Nationalratswahlen arbeiten Bund, Kantone und Gemeinden eng zusammen.

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