SP-Fraktionschef Roger Nordmann
«Wir müssen die SVP überholen»

SP-Fraktionschef Roger Nordmann schmiedet grosse Pläne – allen Umfragen zum Trotz. Die Genossen sollten in Bern zur stärksten Kraft werden. Wenn nicht jetzt, so im Jahr 2023.
Publiziert: 21.09.2019 um 23:59 Uhr
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SP-Fraktionschef Roger Nordmann will mit Inhalten und nicht mit leerem Radau überzeugen. Er will die Genossen in Bern zur stärksten Kraft machen.
Foto: Keystone
Interview: Simon Marti

Herr Nordmann, die SVP und die CVP lassen den Wahlkampf eskalieren. Dagegen bleibt Ihre SP überraschend brav. Wa­rum so zurückhaltend?
Roger Nordmann: Wir wollen inhaltlich überzeugen, nicht mit leerem Radau! Es geht darum, unsere Vorschläge für tiefere Prämien, besseren Klimaschutz und mehr Gleichstellung vorzuschlagen und die rechtsbürgerlichen Projekte zu entlarven.

Na ja, gerade in der Romandie drohen Ihnen Verluste. Dabei stammt doch der Grossteil der SP-Spitze aus der Westschweiz!
Wir erleben es auf der Strasse anders. Aber wir haben dort die Kampagne verstärkt.

Gemäss Umfragen wird die SP im Oktober kaum zulegen. Jetzt wollen Sie einfach den Wahlerfolg der Grünen zum SP-Sieg umdeuten.
Für das Klima und in der Energiepolitik ist die SP top, und mein Ziel ist es, mehrere Sitze zu gewinnen. Es geht nicht an, dass eine populistische Protestbewegung die stärkste Fraktion im Bundeshaus ist.

Sie wollen die SVP überholen? Das ist nicht Ihr Ernst.
Doch! Spätestens in vier Jahren müssen wir die SVP als grösste Fraktion überholt haben. Verliert die SVP die 2015 hinzugewonnenen Sitze, und legen wir zu – dann trennt uns nicht mehr viel.

Die SP steht unter Wachstumszwang – warum gerade jetzt?
Heute haben wir sehr oft die Situation, dass FDP und SVP im Nationalrat diktieren statt verhandeln. Darum haben wir eine verlorene Legislatur hinter uns. Es braucht als Gegengewicht eine starke SP. Sonst ist das Risiko gross, dass die Rechte ihre Mehrheit halten kann, weil CVP und BDP schwächeln. Die Folgen wären fatal: Stillstand in der Klimapolitik, Rückschritte in der Europapolitik. Rentenalter 67 und Steuergeschenke kommen noch obendrauf. Das ist der Geheimplan von rechts!

Geheimplan? Ich bitte Sie ...
Aber sicher! FDP und SVP stehen bereit, den Lohnschutz und den Klimaschutz auszuhöhlen, sollte ihre Mehrheit Bestand haben. Und sie torpedieren die Gleichstellung von Mann und Frau.

Das stimmt nicht. Die FDP hat in der Klimapolitik eine spektakuläre Kehrtwende vollzogen und beweist dies derzeit im Ständerat.
Es gibt in der Klimapolitik einige konstruktive freisinnige Ständeräte. Aber im Nationalrat foutiert sich die FDP ums Klima.

Und warum haben die Bürgerlichen ihre Pläne nicht einfach in den letzten vier Jahren durchgezogen?
Sie waren nicht vorbereitet. Und unser Referendum gegen die Unternehmenssteuerreform III hat FDP und SVP aus dem Konzept gebracht. Nun aber haben sie die Weichen gestellt.

Wäre das Tandem aus SVP und FDP tatsächlich so funktionstüchtig, wie Sie es schildern, müssten Sie alles daransetzen, deren Mehrheit auch im Bundesrat zu brechen.
Die Frage stellt sich, wenn eine Vakanz entsteht. Tritt ein Bundesrat dieser Par­teien zurück und wird unser Lager im Herbst gestärkt, dürfen wir darüber diskutieren.

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