Nationalrat will Entwicklungshilfe nicht kürzen
Burkhalter mit Sieg zum Abschied

Es war der letzte Auftritt von Aussenminister Didier Burkhalter im Parlament. Und er endet mit einem Sieg: Der Nationalrat will die Entwicklungshilfe nicht zusammenstreichen. Neun FDP-Abweichler sorgten dafür, dass ihr Bundesrat nicht im Regen stehen gelassen wurde.
Publiziert: 27.09.2017 um 11:26 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 11:30 Uhr
Letzter Auftritt im Nationalrat: FDP-Bundesrat Didier Burkhalter.
Foto: ANTHONY ANEX
Nico Menzato

Der Vorstoss stammt von der Finanzkommission des Nationalrats. Verlangt wird die Abschaffung der festgelegten Höhe der Entwicklungszusammenarbeit von 0,5 Prozent des Bruttonationaleinkommens. Grund: Die «defizitären Aussichten für den Finanzhaushalt in den nächsten Jahren», wie es im Text der Motion heisst.

Für Burkhalter ein «seltsames» Anliegen

Der Ende Oktober abtretende FDP-Aussenminister Didier Burkhalter gab sich bei seinem letzten  Auftritt im Parlament nochmals kämpferisch: Der Entscheid des Parlaments von 2011, die Quote bei 0,5 Prozent festzulegen, sei richtig gewesen und dieses Ziel sei auch erreicht worden. «So bringt die Schweiz ihre Solidarität zum Ausdruck und vermeidet Krisen.» 

Das Anliegen der Finanzkommission sei «seltsam», so Burkhalter weiter. Schon heute schaue der Bundesrat bei der Höhe der Entwicklungszusammenarbeit selbstverständlich auf die Finanzlage. «Lösen Sie keinen Verteilkampf aus!», rief er den Parlamentarier entgegen.

Mit Erfolg: Der Nationalrat stimmte mit 101 zu 86 Stimmen bei 6 Enthaltungen gegen die Abschaffung der Quote.

3,5 Milliarden für Entwicklungshilfe

«Wir möchten gesunde Finanzen», sagt FDP-Nationalrat Jacques Bourgeois. Es gelte nun, Milliardendefizite im Finanzhaushalt abzuwenden, ergänzte Markus Hausammann (SVP).

Heute gibt der Bund jährlich rund 3,51 Milliarden Franken für Entwicklungshilfe und gewisse Asylkosten aus. Im Jahr 2016 machten die Asylkosten fast einen Fünftel dieser Kosten aus, während die eigentliche Entwicklungshilfe auf 0,39 Prozent des Bruttonationaleinkommens sank.

Die Mitteparteien stemmten sich gegen eine Reduktion. «Es würde unserem reichen Land schlecht anstehen», sagte CVP-Nationalrat Alois Gmür. Es wäre ein negatives Signal, wenn sich die Schweiz nicht mehr an dieser Grösse orientieren würde. «Wir dürfen uns nicht von der Solidarität verabschieden», meinte BDP-Fraktionschefin Rosmarie Quadranti.

Standing Ovation für Burkhalter

Ebenso die Ratslinke: «Die Schweiz muss Verantwortung übernehmen und den Ärmsten der Welt helfen», sagte die grüne Sibel Arslan. Es gehe nicht an, dass Budget zu kürzen in Zeiten, in denen die Not zunehme.

Burkhalter wurde nach dem Sieg von den Parlamentarier mit minutenlangem Applaus und Standing Ovation verabschiedet. «Ich mag Sie», sagte dieser – und zog von dannen.

Wie genau tickt der Neue?

Ob Burkhalters Nachfolger Ignanzio Cassis die Entwicklungshilfe ebenso hartnäckig verteidigen wird, ist offen. Zwar hat sich der Tessin beim Hearing vor der SP-Fraktion offenbar gegen eine Senkung ausgesprochen.

Im Sommer jedoch stimmte er im Nationalrat einem Antrag zu, die Quote von 0,5 auf 0,45 Prozent des Bruttonationaleinkommens zu senken. 100 Millionen Franken pro Jahr hätten somit eingespart werden müssen. Die Forderung scheiterte jedoch knapp. Und auch im Smartvote-Fragebogen sprach sich der Neo-Aussenminister 2015 dafür aus, die Gelder für Entwicklungshilfe bei 3 Milliarden zu belassen – und nicht wie geschehen auf 3,5 Milliarden zu erhöhen.

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