Nationalrat schwingt Propaganda-Keule
SVP-Rutz will Abstimmungsvideos verbieten

Noch am Abstimmungssonntag hatte die SVP für die Mehrfach-Niederlagen an der Urne die «Staatspropaganda» mitverantwortlich gemacht. Einer der Dornen in den Augen der Rechten: Die neuen Abstimmungsvideos des Bundes. Mittels Vorstoss will man diese nun verbieten.
Publiziert: 07.06.2016 um 17:11 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 15:09 Uhr
Gregor Rutz hält die Abstimmungsvideos für Propaganda- und Kampagnenmittel des Bundes.
Foto: EQ Images
Lea Hartmann

Der vergangene Abstimmungssonntag stellte eine Premiere dar. Erstmals hatte das Schweizer Stimmvolk die Möglichkeit, sich über einige der zur Debatte stehenden Vorlagen nicht nur via Bundesbüchlein, sondern auch durch Erklär-Videos auf YouTube zu informieren.

Der Bund hatte die kurzen Videoclips zu den Referenden zur Asylgesetz-Revision und der Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes im Rahmen eines Pilotprojekts produzieren lassen.

Doch kaum begonnen, soll mit dem Projekt schon bald wieder Schluss sein – zumindest wenn es nach SVP-Nationalrat Gregor Rutz geht.

Nachdem er sich bereits kurz nach der Veröffentlichung über die Videos des Bundes öffentlich beklagt hatte, machte er aus seiner Ankündigung nun ernst und reichte im Parlament einen Vorstoss ein.

Vorwurf der Staatspropaganda

Die parlamentarische Initiative will dem Bundesrat Abstimmungsvideos «und andere Kampagneninstrumente» verbieten. Eine Medienkonferenz sowie die Infos im Bundesbüchlein würden vollkommen ausreichen, um die Bevölkerung ausreichend zu informieren. 

Aus Sicht von Rutz handelt es sich bei den Videos zudem nicht um kurze, neutrale Erklärstücke, sondern um reine Staatspropaganda.

«So hohe Zahlen haben wir nicht erwartet»

Ein Vorwurf, den der Bund von sich weist. Für die Videos würden dieselben gesetzlich festgehaltenen Grundsätze gelten wie für die Erläuterungen im Abstimmungsbüchlein, sagt René Lenzin, Kommunikationsverantwortlicher der Bundeskanzlei. So müssen die Informationen des Bundesrats unter anderem vollständig, sachlich, transparent und verhältnismässig sein. 

«Es wäre schade und nicht zeitgemäss, wenn die Erklärvideos verboten werden sollten», meint Lenzin. Insbesondere, da multimediale Inhalte wie Videos in Abstimmungsdebatten «generell an Bedeutung zunehmen» würden. 

Im Gegensatz zu Rutz und den Nationalräten Urs Gasche, Hans Grunder (beide BDP) und Hans-Ulrich Bigler (FDP), die seinen Vorstoss mitunterzeichnet haben, fällt eine erste Bilanz Lenzins ausgesprochen positiv aus. «Rund 53‘000 Views zeigen, dass diese Art der Abstimmungsinformation einem Bedürfnis entspricht». sagt Lenzin.

Die Anzahl Views sei zudem laufend gestiegen – «von gut 25‘000 Anfang Mai auf 53‘000 am Tag der Abstimmung». So hohe Zahlen habe man nicht erwartet. «Es zeigt, dass zahlreiche Stimmberechtigte die Videos auch in der Phase der Entscheidfindung konsultiert haben.»

Weitere Videos folgen

Der Bund denkt deshalb auch nicht daran, das Projekt abzubrechen. Im Gegenteil: Im Hinblick auf die nächsten eidgenössischen Abstimmungen am 25. September will man sogar für alle drei Vorlagen – also auch für die Volksinitiativen – Videos auf Deutsch, Französisch und Italienisch produzieren lassen. 

Etwas wolle man in Zukunft aber verbessern, sagt Lenzin. So hätten Reaktionen aus der Bevölkerung gezeigt, «dass gewisse Leute die Präsentation der Vorlage fälschlicherweise als Teil der Argumente von Bundesrat und Parlament angesehen haben». Künftig versuche man deshalb, die Argumente von Bundesrat und Parlament besser von denjenigen des Referendums- oder Initiativkomitees zu trennen.

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