Jetzt debattiert der Nationalrat über Zersiedelung
Bauzonen einfrieren, dichter und höher bauen

Es sollen keine Baugrundstücke mehr eingezont werden. So wollen die Jungen Grünen mit einer Volksinitiative die Bodenverschwendung durch Zersiedelung stoppen. Aber nach dem Ständerat dürfte auch der Nationalrat dem Begehren eine Absage erteilen.
Publiziert: 31.05.2018 um 09:41 Uhr
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Aktualisiert: 16.01.2019 um 14:21 Uhr
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Die Zersiedelungsinitiative der Jungen Grünen verlangt einen Einzonungsstop von Bauflächen. Sie will so die Zersiedelung bremsen.
Foto: Keystone
Julien Duc

 Die Initianten setzen ihr Hoffnungen deshalb ins Stimmvolk.

Nach den hitzigen Mammut-Debatten zur SVP-Selbstbestimmungs-Initiative und zur Übernahme der EU-Waffenrichtlinie ging es am Donnerstag wieder gesitteter zu im Nationalrat. Dabei ist das Thema ebenso emotional. Denn die Frage ist: Wie gehen wir mit unserem Boden um? Die grosse Kammer diskutierte die Zersiedelungsinitiative der Jungen Grünen. Ihre Chance im Parlament? Minim.

In der Frühlingssession hatte bereits der Ständerat die Initiative zur Ablehnung empfohlen – und das in aller Deutlichkeit: mit 34 zu 2 Stimmen. Nicht einmal die SP-Ständeräte unterstützten das grüne Anliegen. Sie enthielten sich mehrheitlich. Bundesrat und das Stöckli waren sich einig: Die Initiative spreche zwar berechtigte Anliegen bei der Raumplanung an, verlange aber zu starre Richtlinien.

In diesem Sinn äusserten sich auch die meisten Parteien im Nationalrat. «Die Initiative will, dass wir den ländlichen Raum zum Heidiland machen», sagte  BDP-Mann Hans Grunder (61, BE) im Namen seiner Fraktion. «Wir haben den Ballenberg, das reicht.»

Ausser den Grünen lehnen fast alle Fraktionen das Begehren ab. Die SP ist gespalten.

Ziel: Einzonung und Zersiedelung stoppen

Die Initiative «Zersiedelung stoppen – für eine nachhaltige Siedlungsentwicklung» verlangt im Kern vier Dinge:

  • Bauzonen dürfen nicht ausgeweitet werden (Einzonungsstop)
  • Bauen ausserhalb der Bauzonen darf nicht ausgeweitet werden
  • Beseitigung administrativer Hürden für die Förderung nachhaltiger Quartiere
  • Zersiedelung stoppen, indem dichter und höher gebaut wird
Laut Bauzonenstatistik 2017 sind fünf Prozent der Fläche der Schweiz Bauzonen.
Foto: Scrennshot Bundesamt für Raumentwicklung

Überbauung in der Grösse des Walensees

Primär geht es also darum, die Bauzonenfläche nicht auszuweiten. Die Initiative sieht vor, dass für jede Fläche, die neu eingezont wird, eine entsprechend grosse Fläche wegfällt, also ausgezont wird. Ein Blick in die Statistik 2017 zeigt aber: Die Bauzonenfläche hat sich in den letzten Jahren kaum verändert. 5 Prozent der Fläche der Schweiz sind nach wie vor Bauzonen, also primär fürs Wohnen und Arbeiten gedacht.

In diesen Zonen lebt und arbeitet rund 95 Prozent der Schweizer Bevölkerung. Die Überbauung hat gegenüber 2012 lediglich um gut 2500 Hektaren zugenommen, was der Grösse des Walensees entspricht. Aber auch die Baudichte hat zugenommen: Gegenüber 2012 ist die durchschnittliche Baufläche pro Einwohner von 309 Quadratmetern auf 291 gesunken.

Junge Grüne halten an ihrer Initiative fest

Luzian Franzini (22), Co-Präsident der Jungen Grünen, lässt sich von diesen Zahlen nicht blenden: «Noch immer wird täglich eine Fläche von acht Fussballfeldern überbaut. Gleichzeitig sind die Reserven zu gross und müssten laut Gesetz eigentlich abgebaut werden.» Dies geschehe allerdings kaum, wie die Umsetzung in den Kantonen zeige.

Luzian Franzini ist Co-Präsident der Jungen Grünen.
Foto: Keystone

Er weist den Vorwurf zurück, die Initianten seien stur. Mit der Initiative bestünde genügend Flexibilität. «Wo fälschlicherweise zu grosse Flächen eingezont wurden, muss man diese auszonen, damit sie dort zur Verfügung stehen, wo sie notwendig sind. Solche Tauschmechanismen sind keine Hexerei», erklärt der 22-Jährige.

«Die Initiative wird keinesfalls zurückgezogen»

Bezüglich des Bauens ausserhalb der dafür vorgesehenen Zonen ziehen Bundesrat und das Stöckli den Begrenzungen Lockerungen vor. Für Franzini ist deshalb klar: Die Initiative wird keinesfalls zurückgezogen. «Uns bleibt nur der Gang vors Volk, weil mit diesem rechtsbürgerlichen Parlament eine massvolle Raumplanung nicht möglich ist.»

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