Die Linke triumphiert, die Rechte stagniert, die Mitte kollabiert. So lassen sich die kantonalen Wahlen im Aargau und in Basel-Stadt in einem Satz zusammenfassen. Die nationalen Parteichefs werten den Wahlausgang gegenüber BLICK unterschiedlich.
SVP-Chef Albert Rösti: «Bäume wachsen nicht in den Himmel»
Sowohl im Aargau wie auch in Basel-Stadt blieb die SVP auf ihren bisherigen Sitzen sitzen. Der Aufwärtstrend ist damit vorerst gestoppt. SVP-Präsident Albert Rösti (49) schaut denn auch mit verschiedenen Gefühlen auf das Wochenende zurück. Das Abschneiden seiner Partei im Aargau wertet er als Erfolg. «Wir konnten den Wähleranteil auf einem sehr hohen Niveau von 32 Prozent halten. Auch bei uns wachsen die Bäume nicht in den Himmel», sagt Rösti. Kommt hinzu, dass die Chancen auf die Eroberung eines zweiten SVP-Sitzes in der Regierung intakt sind.
«Das Wahlresultat in Basel ist aber eine Enttäuschung, da haben wir mehr erwartet», so Rösti. Der Druck auf SVP-Nationalrat Sebastian Frehner, sein Amt als Kantonalpräsident – wie von Christoph Blocher schon länger gewünscht – abzugeben, ist damit nochmals gestiegen. «Wir werden die Situation in Basel analysieren. Massnahmen im Hinblick auf eine bessere Mobilisierung wie auch Personalentscheide fällt aber die Sektion», meint Rösti diplomatisch.
Als Fingerzeig für einen allgemeinen Links-Trend mag Rösti die Wahlen jedenfalls nicht werten. Beim nächsten Test in zwei Wochen in Freiburg erwartet Rösti jedenfalls wieder «eine leichte Steigerung» für seine SVP, dafür müsse aber noch viel gearbeitet werden.
SP-Chef Christian Levrat: «Quittung für rechte Politik»
Die SP ist die grosse Gewinnerin der gestrigen Wahlen.«Es ist ein erster Schritt in die richtige Richtung und ein nötiges Korrektiv zum Rechtsrutsch im letzten Jahr», freut sich SP-Chef Christian Levrat (46). «Das Wahlresultat ist eine erste Quittung für die rechte Politik.»
Allerdings hat mit der CVP ausgerechnet Levrats wichtigster Bündnispartner im Bürgerblock Sitze verloren. «Der neue Rechtskurs von CVP-Präsident Gerhard Pfister wird hart bestraft», sagt Levrat. «Die Pfister-CVP wird als Juniorpartnerin der SVP wahrgenommen.» Der Mitte sei deshalb die sozial eingestellte Wählerschaft weggebrochen.
Erfreut ist Levrat darüber, dass die SVP von der hitzig geführten Debatte über die Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative nicht profitieren konnte. «Die Hetze der SVP greift nicht», so Levrat. «Die Leute sind klüger, als die SVP annimmt.»
CVP-Präsident Gerhard Pfister: «Müssen eigenständige Position finden.»
CVP-Präsident Gerhard Pfister sieht trotz Sitzverlusten in den Aargauer und Basler Wahlen nicht schwarz: «Die Regierungsräte haben sehr gute Ergebnisse erzielt.» Zudem habe die Aargauer CVP in Umfragen noch bei minus 3,5 Prozent gelegen. Die Partei habe somit diesen Rückstand fast vollständig aufgeholt und einen guten Wahlkampf hingelegt.
Die Umkehr des Negativ-Trends der CVP sei aber eine Frage von Jahren und nicht von Monaten. «Wir müssen dazu unsere eigenständige Position finden.» Die Lehre aus den Resultaten sei: «Es braucht immer einen sehr engagierten Wahlkampf.»
FDP-Chefin Petra Gössi: «Die liberalen Kräfte erstarken.»
Die Wahlen in Basel-Stadt und Aargau zeigen laut FDP-Präsidentin Petra Gössi, «dass die freisinnig-liberalen Kräfte in der Schweiz weiter erstarken». In Basel-Stadt konnte die LDP, die vollwertiges Mitglied der FDP Schweiz sei, 4 Sitze gewinnen und so den Verlust der Freisinnigen Basel mehr als kompensieren. Im Kanton Aargau konnte die FDP am zweitstärksten wachsen. «Aus nationaler Sicht ist das eine klare Stärkung des liberalen Lagers», so Gössi.
Grüne-Chefin Regula Rytz: «Stabil mit Aufwärtstrend»
«Wir sind stabil mit Aufwärtstrend», kommentiert Grünen-Chefin Regula Rytz (54) den Wahlausgang. Vor allem das Basler Resultat macht ihr Freude: «Dass wir im ersten Wahlgang den Regierungsratssitz verteidigt und im Grossen Rat einen Sitz zugelegt haben, ist ein riesiges Highlight. Wir haben aus einem massiven Gegenwind einen Aufwind gemacht.» Der Wermutstropfen: Im Aargau ist das grüne Exekutivmandat der abtretenden Susanne Hochuli praktisch verloren.
Für Rytz gehen die Grünen gestärkt in die kommenden Wahlen. «Grüne Themen sind präsent», verweist sie auf die Diskussion um die Grüne Wirtschaft oder den Atomausstieg. Und: «Der bürgerliche Wahlsieg vom letzten Jahr hat zu Entscheidungen gegen die Interessen der breiten Bevölkerung geführt. Die Rechte hat nun die Quittung erhalten für ihre Politik der Steuergeschenke und des Sozialabbaus.»
GLP-Chef Martin Bäumle: «Geschenkt wird uns nichts mehr»
Minus ein Sitz – das ist die Bilanz der GLP sowohl im Aargau wie auch in Basel-Stadt. Parteichef Martin Bäumle (52) sieht das Resultat mit gemischten Gefühlen. «Im Aargau haben wir mit 5,3 Prozent Wähleranteil die Konsolidierung geschafft – der Sitzverlust war ein Zufall.» Das Resultat in Basel, wo der vierte Sitz nur knapp gehalten wurde, beurteilt er als «durchzogen». «Mit den Liberalen als zusätzliche Konkurrenz ist Basel für uns aber ein hartes Pflaster.»
Die GLP habe anfangs fast ein zu steiles und ungesundes Wachstum erlebt, so Bäumle. Jetzt sei harte Konsolidierungsarbeit gefragt. «Geschenkt wird uns nichts mehr, wir müssen uns einen festen Platz in der Parteienlandschaft verdienen», sagt Bäumle. Er ist zuversichtlich, dass das auch klappt. «Wir verfügen mit ‚Grünliberal’ über ein sehr gutes Label und über ein klares Profil.»
BDP-Präsident Martin Landolt: «Der Verlust der Fraktionsstärke schmerzt»
Ein trüber Tag für die BDP. 2,7 Prozent erreichte die Partei um Martin Landolt gerade noch im Aargau, vier Vertreter schickt sie ins Kantonsparlament. «Unsere Kandidatin hat im Aargau zwar bei den Regierungsratswahlen sehr gut abgeschnitten», so der Parteipräsident, «aber der Verlust der Fraktionsstärke schmerzt». Dies ist indes nicht die erste Schlappe für die Bürgerlichen. Im Frühling erst flog die BDP aus dem St. Galler Parlament. Die ehemalige Senkrechtstarter-Partei hat ihren Zenit definitiv erreicht. «Wir müssen vorerst akzeptieren, dass drei bis vier Prozent für uns das gegenwärtig machbare Niveau bedeuten», gibt sich Landolt konsterniert.
Dabei ist die BDP nahe bei den Wählern, wie eine Auswertung des BLICK zeigte. Die Wähler entschieden anders. «Mit unseren Ressourcen kämpfen wir wie ein Kleinstunternehmen gegen Grosskonzerne», so Landolt. Sein Rezept für die Zukunft: Mehr Präsent auf kommunaler Ebene, «etwa an Gemeindeversammlungen um uns bekannt zu machen».