Nachdem das Volk Maurers «Golf»-Gripen nicht wollte
Kaufen wir jetzt «Ferrari-Jets»?

Heute präsentiert eine Expertengruppe ihre Empfehlungen, wie es in Sachen Luftverteidigung weitergehen soll. Klar ist schon jetzt, dass die Beschaffung eines Kampfjets wieder Thema wird. Startet der Bund eine solche Übung, könnte auch der Super-Jet F-35 aus den USA eine Chance erhalten.
Publiziert: 30.05.2017 um 13:30 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 13:47 Uhr
US-Luftwaffe schreibt Kampfjet F-35 ab
1:10
Unpraktikabel wie ein Ferrari:US-Luftwaffe schreibt Kampfjet F-35 ab
Matthias Halbeis

Am 18. Mai 2014 verlor die Schweizer Luftwaffe einen wichtigen Kampf: Erstmals verwarf das Schweizervolk eine Jet-Beschaffung. Mit 53,4 Prozent Nein schossen die Stimmberechtigten den Kauf von 22 Kampfjets des Typs Saab Gripen ab.

Im Vorfeld hatte der damals zuständige Bundesrat Ueli Maurer die Losung ausgegeben, mit dem Gripen kaufe man den kostengünstigen VW Golf, man brauche keinen teuren Ferrari.

Heute präsentieren die von Verteidigungsminister Guy Parmelin eingesetzten Experten und Begleiter ihre Berichte. Darin machen sie Empfehlungen, wie es in Sachen Luftverteidigung der Schweiz weitergehen soll.

Sie stellt vier Varianten zur Diskussion:

1. Die Schweiz kauft 55 bis 70 moderne Kampfflugzeuge sowie Systeme der bodengestützten Luftabwehr grösserer und kleinerer Reichweite. F/A-18 und F-5 Tiger gehen ausser Dienst. Verteidigt wären: 45'000 Quadratkilometer und mindestens 20 Objekte. Kosten: 15 bis 18 Milliarden Franken.

2. Der Bund kauft rund 40 Kampfflugzeuge und ein System der Luftabwehr grösserer Reichweite. F/A-18 und F-5 Tiger gehen ausser Dienst. Verteidigt wären: 15'000 Quadratkilometer. Kosten: 9 Milliarden Franken.

3. Die Schweiz kauft rund 30 moderne Kampfflugzeuge und ein umfangreicheres System der Luftverteidigung grösserer Reichweite. Verteidigt wären 45'000 Quadratkilometer. F/A-18 und F-5 Tiger gehen ausser Dienst. Kosten: 8,5 Mrd. Franken.

4. Die Schweiz kauft 20 Kampfflugzeuge und ein System der bodengestützten Luftverteidigung grösserer Reichweite. F/A-18 müssten bis nach 2030 weiterfliegen. Verteidigt wären rund 15'000 Quadratkilometer. Kosten: 5 Mrd. Franken.

Klar ist, dass die Schweiz neue Kampfflugzeuge braucht. Es soll über das Armeebudget beschafft werden. Somit wäre keine neue Volksabstimmung mehr nötig. Und: Die Begleitgruppe rät einzig von der Beschaffung von Jets aus Russland und China ab. Grund: Mangelnde Einbindbarkeit in andere Schweizer Rüstungssysteme.

Eigentlich können alle Hersteller Offerten machen

Drei Super Hornets der US Air Force über dem Nordirak. Dieser Einsatz zielte gegen den IS. Die Super Hornet ist eine weitgehende Neuentwicklung der bisherigen F/A-18, wie sie schon heute bei der Schweizer Luftwaffe im Einsatz steht. Sie ist allerdings deutlich grösser als die bisherige F/A-18 und viel stärker auf den Kampf gegen Ziele am Boden als für die Luftpolizei ausgelegt. Bei der letzten Evaluation wollte Boeing keine Offerte einreichen. Stückpreis 2008: 53 Millionen Franken.
Foto: Staff Sgt. Shawn Nickel

Damit ist das Feld wieder offen, der Kampf der Anbieter beginnt. Schweizer Rüstungsaufträge sind klein, aber sehr beliebt. Haben sich die detailversessenen Schweizer für ein Modell entschieden, hat das Signalcharakter, auch für andere Nationen. Auf der vorläufigen Kandidatenliste finden sich gleich mehrere Ferraris, um beim Bild von Maurer zu bleiben:

Eurofighter

Der Typhoon ist ein zweistrahliges Mehrzweckkampfflugzeug, das von Rüstungsunternehmen in Deutschland, Italien, Spanien und Grossbritannien gemeinsam entwickelt und gebaut wird. Fliegt seit dem Libyenkrieg regelmässig Kampfeinsätze über Afghanistan und im Nahen Osten. Stückpreis: 195 Millionen Franken.

Rafale

 Die vom französischen Rüstungskonzern Dassault entwickelte Maschine verlor bei der letzten durchgeführten Evaluation gegen den kostengünstigeren Gripen. Dies, obschon die Franzosen versuchten, mit zusätzlichen Leistungen den teureren Preis wettzumachen. Die Rafale ist ein zweistrahliges Mehrzweckkampfflugzeug des französischen Herstellers Dassault Aviation. Es wurde fast vollständig im nationalen Alleingang entwickelt, nachdem Frankreich aus dem Eurofighter-Konsortium ausgestiegen war. Die Jets absolvierten im Libyenkrieg die ersten Kampfoperationen und stehen seither über Afghanistan im Einsatz. Stückpreis bei der Offerte 2008: 180 Millionen Franken.

F-35

Der Jet des US-amerikanischen Herstellers Lockheed Martin soll in den nächsten Jahren das wichtigste Kampfflugzeug der US-Streitkräfte werden. Mehrere Nato-Staaten haben Jets vorbestellt, darunter Grossbritannien, Italien, Norwegen, Däne­mark und die Niederlande. Letztes Jahr sagte Jeff Babione, Vizepräsident von Lockheed Martin, an der Luftfahrtmesse im englischen Farnborough: «Das Schweizer Beschaffungsprogramm wird auf jeden Fall eine grosse Gelegenheit sein, um den F-35 anzubieten.» Das Kampfflugzeug kostet für die USA, die rund 2500 Maschinen beschaffen wollen, pro Stück etwa 155 Millionen Franken. Kampfeinsatz ist noch keiner bekannt.

F/A-18 E/F

Die Super Hornet ist eine weitgehende Neuentwicklung der bisherigen F/A-18, wie sie schon heute bei der Schweizer Luftwaffe im Einsatz steht. Bei der letzten Evaluation wurde Herstellerin Boeing vergeblich angefragt, ob man der Schweiz eine Offerte machen wolle. Die Super Hornet ist inzwischen auch das älteste Flugzeug in dieser Reihe. In allen Kriegen der USA seit dem 11. September kamen sie zum Einsatz. Stückpreis: 200 Millionen Franken (Offerte für Brasilien).

Gripen

Aufgrund eines undurchsichtigen Evaluationsverfahrens, bei dem im Nachhinein die schlechten Noten der Experten an die Öffentlichkeit kamen, erlitt der schwedische Kampfjet schwere Treffer. Dadurch verlor er auch in den Augen der Schweizer Bevölkerung dermassen an Glaubwürdigkeit, dass er an der Urne durchfiel. Im Libyenkrieg kamen die Gripen der schwedischen Luftwaffe zu ihren ersten Aufklärungseinsätzen. Stückpreis in der Vorlage 2014: Rund 100 Millionen Franken.

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